: Wie müde sind die Palästinenser?
■ Widersprüchliche Einschätzungen durch israelische Militärkreise / Nächste mögliche Schritte der Aufstandsbekämpfung: Arbeitsverbot und Ausweisungen / Besatzungstruppen verfünffacht
Jerusalem/Tel Aviv (afp/taz) - Die israelische Armee hat ihre Präsenz im besetzten Westjordanland und im Gaza–Streifen deutlich verstärkt. Parallel zu einer Verlängerung der jährlichen Dienstzeit für Reservisten auf 60 Tage wurde am Freitag bekannt, daß sich die israelische Militärpräsenz in den besetzten Gebieten seit Ausbruch der Palästinenserunruhen im Dezember verfünffacht hat. Damit sind gegenwärtig rund 15.000 Soldaten in der Region eingesetzt. Israels Generalstabschef Dan Schomron erklärte Donnerstag abend in Jerusalem, die Demonstrationen der Palästinenser erschöpften sich langsam. „Den Palästinensern wird mehr und mehr klar, daß sie ohne Verhandlungen nichts erreichen“, sagte Schomron. „Der Druck der Wirtschaftssanktionen und der sinkende Lebensstandard beginnen ihre Wirkung auf die Moral und Motivation der Palästinenser zu zeigen.“ Andere israelische Militärexperten halten die „Intifada“ für noch längst nicht geschlagen und erwarten noch härtere Maßnah men der Armee gegen die Bevölkerung. Die nächsten Schritte der Aufstandsbekämpfung könnten die Schließung der Jordanbrücken, das Arbeitsverbot der Palästinenser in Israel und die massive Fortsetzung der Ausweisungspraxis umfassen. Bislang gebe es keine Anzeichen dafür, daß der Aufstand ermüdet. Druck auf die Bevölkerung allein wird nach Ansicht des Kommentators der Tageszeitung Ha–aretz nicht Motivation und Gründe des Aufstands aufheben. Offenbar gelinge es den Palästinensern trotz fehlender arabischer Hilfe, sich den Wirtschaftssanktionen anzupassen und die Probleme des Alltags zu meistern. Schließlich sähen sie bedeutende politische Erfolge, wie sie die PLO in den zwanzig Jahren der Besatzung nicht erreichen konnte.
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