Waffenstolz

■ Die Drohungen der USA gegen Iran

Die Anweisung des US–Präsidenten an die Kommandeure seiner Flotte im Golf, nach eigenem Gutdünken Schiffe aller neutralen Flaggen gegen iranische Angriffe zu „schützen“, kommt einer Kriegserklärung an den Iran nahe. Wenn die Entscheidungsbefugnis vom Obersten Befehlshaber an den Mann am Abzug delegiert wird, hat sich Reagan bereits damit angefreundet, im Krieg zu sein. Bekanntlich schießen immer nur Soldaten, nie die Generäle. Dennoch beschwört der oberste Cowboy zugleich die Neutralität der USA im Golfkrieg. Der Mann schielt. Die kamikazeartigen Angriffe der Iraner verraten innenpolitische Flügelkämpfe: Reagan mag darin nur die Chance zur militärischen Aktion, nicht aber zum politischen Eingreifen erkennen. Selbst Kissinger, hochdotierter „elder statesman“ vom Dienst, fühlt sich inzwischen an Vietnam erinnert: Die USA seien tief genug im Golfkrieg involviert, um selbst schon Teilnehmer zu sein. Aber noch seien sie strategisch nicht in der Lage zu siegen. Außer durch kleinlaute Beifallsrufe äußern sich die europäischen StaatschefInnen kaum zur Eskalation im Golf. Acht Jahre lang konnten die Europäer zusehen und verdienten daran, daß sich zwei Völker abschlachten. Nun aber geraten ihre Interessen an der möglichst friedlichen Ausbeutung des Golföls in Gefahr, dem Waffenstolz alter Männer geopfert zu werden. Thomas Reuter