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Ershad hofft auf Allahs Hilfe

■ Bangladeshs Präsident eifert pakistanischen Islamisierungstendenzen nach / Neu gewähltes „Rumpfparlament“ zusammengetreten / Gesetz soll den Islam zur Staatsreligion machen

Dhaka (ips/ap/dpa/taz) - Hinter einer Sicherheits–Bannmeile trat am Montag das neugewählte Parlament Bangladeshs zu seiner Eröffnungssitzung zusammen. Nach dem Wahlboykott im März sind weder die beiden wichtigsten Parteien, die linksorientierte Awami League und die Bangladesh Nationalist Party (BNP), noch eine andere der 19 Oppositionsparteien in dem „Scheinparlament“ vertreten. Im Zentrum der Hauptstadt lieferten sich Studenten und Polizei Straßenschlachten. Ein achtstündiger Generalstreik, zu dem die Opposition aufrief, legte den öffentlichen Transport lahm. Schulen, Banken und Geschäfte blieben geschlossen. Am Samstag hatten mehr als tausend Hochschullehrerinnen gegen die Ankündigung von Staatschef Hussain Muhammad Ershad protestiert, den Islam zur Staatsreligion zu machen und dem Parlament eine entsprechende Verfassungsänderung zur Abstimmung vorzulegen. Ob Ershad damit die Sympathien der zu 80 Prozent muslimischen Bevölkerung gewinnen wird, ist zu bezweifeln. Nach pakistanischem Vorbild muß der Gesetzesentwurf eher als ein Vorstoß gegen die beiden Oppositionsführerinnen Sheik Hasina Wazed, Tochter des ermordeten Sheik Mujibur Rahman, Vorsitzende der Awami League, und Begum Khaleda Zia, Witwe des ermordeten früheren Regierungschefs Zia Ur Rhaman, Vorsitzende der BNP, gewertet werden. Zudem erweist sich die Islamisierungsdebatte als probates Mittel, von wirtschaftlichen und politischen Mißständen abzulenken, was nicht zuletzt den konzeptlosen politischen Gegnern zugute kommen könnte.Vor dem Hintergrund zunehmender finanzieller Abhängigkeit und umfangreicher Devisenüberweisungen von Arbeitsmigranten ist der Einfluß saudi– arabischer Staaten hinter der Islamisierungskampagne nicht auszuschließen. Doch nicht nur die bürgerlichen Parteien, sondern auch die konservativ–islamische Partei Jammat–e–Islami, die zu den bestorganisierten Parteien Bangladeshs zählt und die Pläne als „Mißbrauch der Religion durch das Militär“ bezeichnet, lehnen eine Verfassungsänderung strikt ab. Selbst die um ihren uneingeschränkten Einfluß fürchtende Armee steht den Plänen überwiegend ablehnend gegenüber. Allgemein wird das Vorhaben Ershads als letzter verzweifelter Versuch gewertet, an der Macht zu bleiben.

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