: Neue Landesbürgschaft soll Vulkan–Werft retten
■ Landeseigene Bremer Werft kann keine Löhne mehr zahlen / „Vulkan–Geld schwimmt auf allen Weltmeeren“ / Strukturprogramm soll 450 Mio. Mark kosten
Aus Bremen Michael Weisfeld
Die Vulkan–Werft, Flaggschiff des Bremer Werften–Verbundes, schliddert in diesen Tagen knapp an der Pleite vorbei. Der Betrieb ist schon in nächster Zukunft nicht mehr in der Lage, Löhne zu zahlen, wenn das Land Bremen ihm nicht mit einer Bürgschaft über 130 Millionen Mark zur Seite springt. Am Montag hat der Bremer Senat beschlossen, diese Bürgschaft zu gewähren. Das letzte Wort hat der Bürgschaftsausschuß des Bremer Landesparlaments, der heute entscheidet. Der Bremer Werftenverbund, ein Zusammenschluß von fünf großen Schiffbaubetrieben im Unterwesergebiet, ist ein Ziehkind des Bremer Senats; das Land Bremen hält im Augenblick einen Aktienanteil von 27 Prozent. Als die privaten Werfteigner Krupp, Thyssen und Hapag Lloyd sich aus den Bremer und Bremerhavener Werften zurückzogen, übernahmen SPD–Spitzenbürokraten das Ruder. Vorstandschef des Bremer Vulkan ist Friedrich Hennemann, früher Senatsdirektor im Wirtschaftsressort. Für die neuerliche Zahlungsunfähigkeit der Werft hat der Senat eine überraschende Erklärung: „Das Geld des Vulkan schwimmt auf allen Weltmeeren“, sagte Hennemann–Nachfolger Frank Haller im Wirtschaftsressort. Damit spielte er darauf an, daß der Vulkan Besitzer oder Anteilseigner von 25 Schiffen ist, die er selbst gebaut hat. Denn: die Werft hat einen Teil ihrer Containerschiffe an Reedereien verkauft, die ihr selbst gehören, wie zum Beispiel an die „Senator–Line“. Zu solchen Scheingeschäften sahen sich während der jahrelangen Schiffbaukrise auch andere Werften gedrängt: für die selbst gebauten Schiffe auch selbst Fracht zu besorgen, oder sie zumindest an andere Reeder zu verchartern. „Wir sind die größte Reederei Europas“, witzelte Finanzsenator Claus Grobecker am Montag, „größer als Hapag–Lloyd.“ Das Verfahren bringt riesige Verluste. Die kleine Jansen– Werft im ostfriesischen Leer segelte auf dieser Route in den Konkurs - die landeseigenen Bremer Betriebe werden am Leben gehalten, denn sie sind das Kernstück der Industrie an der Unterweser. 300 Millionen Mark Werftkapital ist in Schiffsbeteiligungen gebunden, sagt der Senator. Doch dieses Kapital ist in den Schiffen gebunden, weil sie nicht verkauft werden können - diese Gelder sind also gar nicht flüssig zu machen. Ein weiteres Paradoxon: Arbeit hat die Werft zur Zeit genug. Doch jeder zivile Schiffsneubau, den sie abliefert, bringt ihr Verluste, weil die Weltmarktpreise unter die Produktionskosten gesackt sind. Gewinne macht die Werft nur bei Kriegsschiffen und bei einzelnen Reparaturaufträgen. Auch mit dieser neuerlichen Bürgschaft dürfte der Finanzbedarf der Werft nicht gedeckt sein: Auf 450 Millionen Mark bezifferte Wirtschaftssenator Beckmeyer am Dienstag die Kosten für das „Strukturprogramm“ des Werftenverbundes. Die Konzepte dafür, denen rund 800 Arbeitsplätze auf den Unterweser–Werften zum Opfer fallen sollen, hat der Aufsichtsrat auf seiner letzten Sitzung Mitte April verabschiedet.
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