„Die PLO ist auf einen starken Partner angewiesen“

■ Abdallah Frangi, PLO–Vertreter in Bonn, über die Bedeutung der syrisch–palästinensischen Gespräche

taz: Kann man schon von einer Versöhnung zwischen Syrien und der al–Fatah sprechen? Frangi: Die Probleme zwischen Syrien und der PLO–Führung waren schwerwiegend. Immerhin ist es zu heftigen Konfrontationen gekommen. Doch seit zwei Jahren schon führen wir miteinander Gespräche. Bisher waren die Erfolge spärlich. Seit der Ermordung Abu Jihads leben wir jedoch in einer neuen Phase. Unser wichtigster Mann konnte im Friedhof der Märtyrer in Damaskus beigesetzt werden. Zu diesem Anlaß haben wir eine große Delegation nach Syrien geschickt, die die Voraussetzungen zum Treffen zwischen Yassir Arafat und Hafiz al–Assad geschaffen hat. Die politischen Wirkungen dieser Begegnung werden nicht sofort sichtbar, doch ist klar, daß diese Beziehungen für beide Seiten notwendig sind. Um Israel und den US–amerikanischen Plänen gegenübertreten zu können, ist die PLO auf einen starken Partner angewiesen. Welche Bedeutung hat die Intifada für diese neuen Bündnisse? Die Intifada beweist, daß das palästinensische Volk in seiner Gesamtheit gegen die israelische Besetzung kämpft und eine Führung hervorgebracht hat, die fähig ist, den Befreiungskampf zu leiten. Die Einheit des Volkes in und außerhalb Palästinas ist bewiesen. Die Aufständischen kämpfen für die gleichen Ziele wie die PLO. Auf der politischen Ebene ist jedoch wesentlich, daß die Intifada eine palästinensisch–israelische Konfrontation ist. Sie bedeutet eine historische Korrektur. Seit 1948 ist das Palästina–Problem nur als Flüchtlingsproblem einerseits und als Konflikt zwischen den arabischen Staaten und Israel andererseits gesehen worden. Jetzt muß Israel die Tatsachen anerkennen und mit den Palästinensern, das heißt mit der PLO verhandeln. Ist das Gespenst der innerpalästinensischen Konflikte, bei denen die Beziehungen zu Syrien immer sehr wichtig waren, nun vertrieben? Die Probleme zwischen den Palästinensern sind nicht beigelegt. Aber der letzte Nationalrat hat gezeigt, daß die große Mehrheit der Menschen und alle Organisationen innerhalb der PLO sich einig sind, Probleme untereinander auf demokratische Weise zu lösen. Die palästinensische Gesellschaft ist bekanntlich versprengt in viele Länder, und das macht es schwer, die Einheit gegen Einflüsse von außen zu erhalten. Trotzdem glaube ich, daß der Versuch Abu Mussas, die PLO zu spalten, gescheitert ist. Vor allem in den besetzten Gebieten ist die Dissidentenbewegung abgelehnt worden. Die Führung der PLO wollte nie eine Eskalation dieser Konflikte, schon gar nicht die bewaffneten Kämpfe untereinander. Wird in der Folge der syrisch–palästinensischen Gespräche der Einfluß der PLO im Libanon jetzt wieder zunehmen? Die Situation im Libanon war eigentlich der Ausgangspunkt unserer Konflikte mit Syrien, das andere Vorstellungen von der Rolle der Palästinenser dort hatte. Wir haben jedoch schlimme Erfahrungen machen müssen mit dem Verhalten der arabischen Staaten uns gegenüber. Wir vergessen weder Jordanien 1970 noch Sabra und Shatila 1982. Die 500.000 Palästinenser im Libanon müssen sich organisieren, um sich gegen Angriffe nicht nur Israels, sondern auch anderer Kräfte zu schützen. Das kann niemand für uns tun. Aber ich denke, wir können uns in dieser wichtigen Frage mit den Syrern verständigen. Die Frage muß aber offen diskutiert werden. Ich weiß, daß die Gespräche in Damaskus keinen einzigen Konflikt ausgeklammert haben. Was sind die Wirkungen der Ermordung Abu Jihads auf die politische Situation der PLO? Die Ermordung unseres wichtigsten Führers steht in einer Reihe mit Morden und Massakern der Israelis an unserem Volk und seinen Führern. Schon vor 1948 hat das angefangen. Der Erfolg der Israelis mit der Ermordung Abu Jihads besteht darin, daß sie die Aussichten auf eine friedliche Entwicklung torpediert haben. Ich glaube, daß sie genau das wollten. Es wird als Reaktion auf diesen Tod gewaltsame Antworten geben. Der Kreislauf der Gewalt ist von Israel erneut in Schwung gebracht worden. Interview: Thomas Reuter