Annäherung im arabischen Lager

■ PLO–Chef Arafat einigte sich mit seinem alten Widersacher Assad

Der Aufstand der Palästinenser in den besetzten Gebieten hat nicht nur den US–amerikanischen Außenminister Shultz zu dem bisher völlig gescheiterten Versuch getrieben, der Welt einen Friedensplan für das Nahost–Problem gegen den Widerstand aller Beteiligten zu verkaufen. Das neue politische Gewicht der Palästinenser führt auch auf arabischer Ebene zu Verschiebungen der Kräfteverhältnisse.

Mit dem Abzug der bewaffneten Einheiten der PLO aus dem von der israelischen Armee belagerten Beirut im Sommer 1982 ging eine Epoche des Nahost–Konflikts zu Ende. In den zwölf vorhergehenden Jahren hatte die PLO nach ihrer Niederlage gegenüber den Truppen des jordanischen Königs im Schwarzen September 1970 den Libanon als neue Basis gewählt. In wenigen Jahren errichtete sie einen machtvollen politischen und miltärischen Apparat, kontrollierte große Teile des Süd–Libanon und erreichte mit dem Auftritt von Arafat vor der UNO 1974 den Höhepunkt ihres internationalen Ansehens. Der Widerstand der Palästinenser gegen ihre Unterwerfung unter die Konzepte Syriens, das sich seit je als dominierende Macht im Libanon sah, blieb ein Treibmittel der Krise im Libanon und zugleich eine dauernde Provokation für einen neuen Krieg mit Israel. Vertrieben, aber in ihrem Selbstverständnis unbesiegt, verteilte die PLO ihre Kämpfer nach dem Sommerkrieg 82 auf die arabischen Länder. Auch Syrien, das in diesem Krieg schon nach wenigen Tagen eine eindeutige Niederlage durch die israelische Armee hinnehmen mußte, nahm PLO–Einheiten auf. In dem Versuch, verlorengeganges politisches Terrain wiederzugewinnen, begann Yassir Arafat in seinem neuem Hauptquartier in Tunis 1983 Beziehungen zu Ägypten aufzunehmen, das im Camp–David–Abkommen seinen Frieden mit Israel gemacht hatte. An der Frage der Beziehungen zum „Verräter Sadat“ zerbrach die größte palästinensische Gruppe al Fatah. Unter der Führung Abu Mussas formierten sich die Kritiker Arafats in der „Dissidentenbewegung“ und erkoren Syrien zur „Festung der Standhaftigkeit“. In blutigen Kämpfen widersetzten sich die Anhänger Arafats in der nordlibanesischen Hafenstadt Tripolis ihrer nochmaligen Vertreibung, diesmal durch die eigenen Leute. Zwar mußte Arafat schließlich abziehen, doch der bewaffnete Konflikt zwischen Palästinensern und Syrern sowie deren libanesischen Verbündeten setzte sich in den Lagerkriegen fort. Diese Kämpfe vereinten die zerstrittenen Fraktionen der PLO, die seit dem palästinensischen Nationalrat von Algier 1987 wieder eine gemeinsame Führung hat. Diese neue Einheit und der Aufstand in den besetzten Gebieten waren die Voraussetzungen, die Feindschaft zwischen Arafat und Assad vorerst zu beenden. Das Spannungsverhältnis zwischen palästinensischer Autonomie und syrischer Dominanz bleibt jedoch bestehen. Thomas Reuter