piwik no script img

Grüne: Optimismus im Debakel

■ Kieler Grüne loben ihren Wahlkampf als „lebendig“ / Engholm–Sog konnte nicht gestoppt werden / Ditfurth kritisiert taz–Berichterstattung / Außerparlamentarischen Druck auf SPD angekündigt

Kiel (taz/dpa) - elefonklingeln im Wahlkampfraum der Grünen, wo die Hochrechnungen mit drei Prozent bereits eine außerparlamentarische Zukunft vorhersagen. „Meld dich doch mit Grüne, vorrübergehend im Landtag“, schlägt die Spitzenkandidatin Tamara Tschikowani den Mitarbeitern vor. Die schwere Niederlage soll mit Optimismus getragen werden. Wie schon bei der letzten Wahl, wo man mit 3,9 Prozent scheiterte, sah der Listenzweite Horst Mühlenhardt die Grünen „bei dem Polarisierung im Wahlkampf schlicht hinten runtergefallen ist“. Ein Argument das er mit der FDP trilt. Den „Sog der SPD“ bekam Frau Tschikowani schon am Wahlkampfstand in Flensburg zu spüren, dort hatten die Passanten ihr „viel Glück gewünscht, sie würden aber Engholm wählen“. Eigene Fehler konnten beide nicht erkennen. Der Wahlkampf sei „lebendiger gewesen als der letzte, nur das Ergebnis ist schlechter“. Man habe die SPD bei der AKW–Ausstiegsfrage „ins Schlingern bringen“ können, aber dem „Wähler war der Wechsel wichtiger“. Die grüne Basis am kalten Büfett hat sich auch schnell mit der Niederlage abgefunden, „bei uns ist die Stimmung besser als bei CDU und FDP“. Stattdessen trägt die taz Mitschuld am Wahldebakel, „ihr habt mit euer Berichterstattung die Niederlage herbeigeschrieben“. Für die Zukunft sieht Horst Mühlenhardt, die „Flügelkiste nicht wieder aufleben“, was bei der CDU „Neu Denken“ heißt, nennen die Grünen die „neue Ehrlichkeit zwischen den Flügeln“, was man sich auch nach der Niederlage nicht kauttmachen lassen will. Tamara Tschikowani will die SPD jetzt durch eine „Mobilisierung der außerparlamentarischen Bewegungen“ unter Druck setzen. Den Grünen ist es nach Einschätzung ihrer Bundesvorstands–Sprecherin Jutta Ditfurth in Schleswig–Holstein nicht gelungen, den „Engholm–Sog“ zu stoppen. Viele Bürger hätten sich nicht für einen neuen Landtag, sondern für einen neuen Ministerpräsidenten entschieden. Das Ergebnis gebe nicht den bundesweit positiven Trend für die Grünen wieder. Die absolute Mehrheit für die SPD sei positiv, da die neue Landesregierung sich damit nicht auf das „Alibi FDP“ bei der zu erwartenden inkonsequenten Politik etwa zum Ausstieg aus der Kernenergie herausreden könne. Im Hinblick auf mangelndes Engagement von „Realos“ meinte sie, noch nie hätten die Grünen „nur zur Hälfte Wahlkampf“ gemacht. Sie hoffe nicht, daß führende „Realos“ die Niederlage in Schleswig–Holstein nun für innerparteiliche Zwecke bei der Auseinandersetzung mit dem „linken Flügel“ nutzen würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen