Kritische Polizisten angezeigt

■ Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Mitglieder der „Kritischen Polizei“, weil sie über Existenz von „Rosa Listen“ berichteten

Von Ursel Sieber

Berlin (taz) - Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen zwei Mitglieder der Gruppe „Kritische Polizisten“, die der Kölner Kriminalpolizei die Führung sogenannter „Rosa Listen“ sowie eine darauf aufbauende Rasterfahndung gegen Homosexuelle vorgeworfen haben. Die Ermittlungen gehen auf eine Strafanzeige der Kölner Kripo zurück, die den beiden Beamten „üble Nachrede“ vorwirft. Wider besseren Wissens hätten sie behauptet, daß die Kölner Polizei über „Rosa Listen verfüge. Kurz nach Veröffentlichung der Vorwürfe wurde die Existenz einer solchen Liste durch eine Überprüfung des Bundesbeauftragten für Datenschutz bestätigt. Die Bahnpolizei gab zu, diese Kartei der Kriminalpolizei für Ermittlungen in einem Mordfall zur Verfügung gestellt zu haben. Dazu hat der Bundesbeauftragte für Datenschutz in Bonn am 6.Mai festgestellt, daß diese Weitergabe ein klarer Verstoß gegen das Datenschutzgesetz darstellt. Die beiden von den staatsanwaltlichen Ermittlungen betroffenen Polizisten sind der Leiter der Kriminalpolizei in Werl, Kriminalhauptkommissar Manfred Such, der gleichzeitig als Sprecher der „Kritischen Polizisten“ fungiert, und Polizeioberwachtmeister Bernward Boden. Am kommenden Sonntag wird der „Arbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten“ der SPD–nahe Gustav–Heinemann–Preis verliehen - für „rechtstaatlich–demokratische Zivilcourage im Sinne des Grundgesetzes“. Der Verdacht der „Rosa Listen“ war im vergangenen Monat im Zuge der Ermittlungen nach einem Mordfall erneut aufgekommen. Fortsetzung auf Seite 2 Wie die taz berichtete, suchte die Kölner Kripo den Täter „im homosexuellen Milieu“ und schickte 250 Schwulen Vorladungen ins Haus. Die Vorgeladenen mußten unter anderem ihre Blutgruppe nachweisen (die Blutgruppe des Täters war bekannt). In einer Stellungnahme zu den staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen sie, erklärten Manfred Such und Bernward Boden, damit werde Denken in Teilen der Kölner Kripo, die sich „rechtswidrig einer fragwürdigen Kartei bedient“ und Kritiker dieses Verhaltens mit einer Strafanzeige belegten. Beide befürchten außerdem ein Disziplinarverfahren. Ursel Sieber