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Grünes Lob für alle?

■ Bundestagsfraktion entscheidet heute über Zustimmung zu interfraktionellem Afghanistan–Antrag

Die Sowjets haben am Sonntag mit dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan begonnen, und die Grünen im Bundestag beschäftigt wieder einmal die Frage, was sie politisch dazu sagen. Bislang liegt ein gemeinsamer Antrag aller Bonner Fraktionen vor, an dessen Formulierung auch die Grünen beteiligt waren. Er soll im Bundestag verabschiedet werden, und heute muß die Fraktion endgültig entscheiden, ob sie den interfraktionellen Lobgesang auf die USA und Pakistan wirklich mittragen wird: Da wird US–Präsident Reagan in den höchsten Tönen gelobt: „Der Dank gilt auch den Vereinigten Staaten und Pakistan für ihre politischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts.“ Nebenbei noch ein Satz zur UdSSR: „In diesem Zusammenhang ist auch die sowjetische Bereitschaft, den Weg hierfür nun endlich freizumachen, positiv zu würdigen.“ Doch kein Wort dazu, daß der Frieden in Afghanistan noch ein paar Fragen offenläßt. Sollte die Fraktion der interfraktionellen Initiative zustimmen, wäre die grüne Vielfalt wieder einmal gewahrt: Anfang Mai hat der Bundeshauptausschuß eine Erklärung verabschiedet, wo zur USA so ziemlich das Gegenteil gesagt wird: „Die Grünen verurteilen daher die Praxis der USA, im Rahmen ihrer Waffenlieferungen (1987 : 660 Millionen US–Dollar) besonders die islamischen Fundamentalisten zu unterstützen, und fordern die USA und die UdSSR auf, ihre Waffenlieferungen tatsächlich ... einzustellen.“ Auch von der All–Parteien– Friedens–Euphorie setzt sich diese Stellungnahme ab: „Im Fall des Sieges der islamischen Reaktionäre droht auch in Afghanistan die Verstümmelung von StraftäterInnen, die verstärkte Unterdrückung der weiblichen Hälfte der Bevölkerung, die Steinigung von „Ehebrecherinnen“, die Destabilisierung der Region durch den Export der islamischen Revolution und so weiter.“

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