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Vertrag für „Jäger 90“ unterzeichnet

■ Teuerstes westeuropäisches Rüstungsprojekt trotz massiver finanzieller und militärtechnologischer Bedenken angelaufen / Verdacht erhärtet sich, daß „Jäger 90“ wichtige Rolle im „Luft–Boden–Kampf“ übernehmen soll

Aus Genf Andreas Zumach

Das bislang teuerste und unkalkulierbarste Projekt der bundesdeutschen wie westeuropäischen Rüstungsgeschichte ist entgegen massiver finanzieller wie militärtechnologischer Bedenken angelaufen. Gestern unterzeichneten die Verteidigungsminister Italiens, Spaniens, Großbritanniens und der Bundesrepublik in Bonn den Kooperationsvertrag zur Entwicklung und Produktion des Jagdflugzeuges „Jäger 90“. Der ursprünglich fünfte Partner Frankreich war im letzten Jahr wegen anderer konzeptioneller Vorstellungen aus dem Gemeinschaftsprojekt ausgestiegen. Am 4.Mai hatten Haushalts– und Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages 5,8 Milliarden Mark allein für die Entwicklungsphase bewilligt. Dazu kommen nach den offiziellen Planungen 16,5 Milliarden Mark Produktionskosten für 200 Exemplare des „Jäger 90“. Sie sollen ab 1997 die „Phantom“ ersetzen. SPD und Grüne lehnen das Projekt ab und werfen der Hardthöhe Zahlenmanipulationen durch Verschiebungen von Kosten aus der Entwicklungs– in die Produk tionsphase vor. Der Bundesrechnungshof erwartet eine Kostensteigerung auf mindestens 49 Milliarden Mark. Realistisch aufgrund früherer Erfahrungen ist jedoch ein Kostenrahmen von mindestens 80 Milliarden Mark. In der Beschaffungsgeschichte seit Bestehen der Bundeswehr, also seit 1955, haben sich ur sprüngliche Planungszahlen bis zur endgültigen Bezahlung der Waffensysteme durchschnittlich verdreifacht, beim Tornado– Flugzeug - einer deutsch–britisch–italienischen Kooperation - sogar mehr als verzehnfacht. Beim „Jäger 90“ kommen zu den üblichen kostensteigernden Faktoren nationaler Produktionen noch die unkalkulierbaren Preisentwicklungen in den drei Partnerländern hinzu, auf die die BRD keinen Einfluß hat, die sie aber mittragen muß. Außerdem muß für das besonders leicht konzipierte Flugzeug noch ein völlig neues Material entwickelt werden. Die Kostenexplosion dürfte Anfang der 90er Jahre sämtliche Finanzplanungen im militärischen Bereich über den Haufen werfen. Offenbar weil er die drohende Kostenexplosion voraussieht, verlangte der designierte Verteidigungsminister Scholz in einem Interview am Wochenende die Erhöhung des Anteils der Verteidigungsausgaben am Bruttosozialprodukt von derzeit 2,5 Prozent. Militärexperten verweisen darauf, daß die dem Flugzeug zugedachten „rein defensiven Aufgaben der Luftverteidigung“ heute besser und kostengünstiger mit bodengestützten Raketen erfüllt werden könnten. Daß die Entscheidung der Militärs dennoch für den „Jäger 90“ fiel, über dessen Reichweite sich die Hardthöhe bislang ausschweigt und der mit Abstandsraketen bestückt werden soll, nährt den Verdacht, daß ihm als Begleitflugzeug für den Tornado eine wichtige Rolle im „Luft– Boden–Kampf“ zukommt. Der jetzt unterschriebene Kooperationsvertrag wäre ohne die massive Lobby der Luftfahrtindustrien der vier Länder nicht zustande gekommen. In der Bundesrepublik profitieren vor allem Messerschmidt–Bölkow–Blohm und Dornier von den Staatsaufträgen. Die Industrie muß den Airbus bezahlen und argumentiert mit notwendigen militärischen Innovationsschüben für die zivile Produktion, um konkurrenzfähig zu bleiben. Es fällt auf, daß an den politischen Schaltstellen für die „Jäger 90“–Entscheidung Parteifreunde des Aufsichtsratsvorsitzenden der Airbus–Gesellschaft, Franz–Josef Strauß (CSU), sitzen: der Staatssekretär im Finanzministerium, Voss; der im Verteidigungsministerium für Haushalts– und Verteidigungsfragen verantwortliche Staatssekretär Pfahls; der Luft– und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung Riedl sowie der Vositzende des Bundestagsverteidigungsausschusses Biehle.

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