Bonn drückt sich um ILO–Konvention

■ „An Berufsverbotspraxis nichts geändert“ / Internationales Arbeitsamt weist die ausweichenden Argumente Bonns zurück

Aus Genf Andreas Zumach

Mit ihrer Berufsverbotspraxis verletzt die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor die von ihr 1961 ratifizierte Konvention 111 des Genfer Internationalen Arbeitsamtes (ILO). Das stellt die UNO–Behörde in ihrem Jahresbericht 1988 fest und fordert Parlamente und Regierungen des Bundes und der Länder erneut zu einer Änderung dieser Praxis auf. Unter Anführung mehrerer Berufsverbotsfälle der letzten zwölf Monate stellt der Jahresbericht fest: „Es wurde nichts unternommen“, um die bereits im Februar 1987 monierte „Praxis zu ändern“. Eine seit 1983 durchgeführte Sonderuntersuchung der ILO zur Situation in der BRD hatte damals gravierende Verletzungen der Konventionsbestimmungen über die Einstellung in den öffentlichen Dienst festgestellt. Bonn - wie auch die Landesregierungen Niedersachsens und Bayerns - akzeptierte die Ergebnisse nicht und verwies auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, die Legislative und Exekutive die Hände binde. ILO–Konventionen seien überdies lediglich Empfehlungen und hätten keinerlei Bindungswirkung für nationale oder internationale Gesetzgebung. Auf die Möglichkeit, die ILO–Untersuchung vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag untersuchen zu lassen, verzichtete Bonn bis heute. Die ILO weist diese Argumente zurück. Laut ihrer Verfassung sei das Ergebnis von Untersuchungen nicht von der Zustimmung betroffener Staaten abhängig. Wie das Beispiel einiger Bundesländer (u.a. Saarland) zeige, sei durch Gesetzgebung und veränderte Verwaltungspraxis auch unterhalb der Ebene der Rechtsprechung höchster Gerichte eine Erfüllung der ILO–Konvention möglich. Dazu verpflichte Artikel 19 alle Unterzeichnerstaaten. Bei ständiger Nichtbeachtung ihrer Konventionen sieht die ILO–Verfassung die Möglichkeit des Ausschlusses von Mitgliedern vor.