: Alt-Öl blubbert aus der Klospülung Auf dem Borsig-Gelände ist das Grundwasser möglicherweise mit PCB-haltigem Altöl verseucht / Überforderter Bezirk soll Maßnahmen nach dem Bundesseuchengesetz prüfen / Bodenuntersuchung vorgezogen / AL wirf
Alt-Öl blubbert aus der Klospülung
Auf dem Borsig-Gelände ist das Grundwasser möglicherweise
mit PCB-haltigem Altöl verseucht / Überforderter Bezirk soll Maßnahmen nach dem Bundesseuchengesetz prüfen /
Bodenuntersuchung vorgezogen / AL wirft Senat Nachlässigkeit beim Gebietsankauf vor
Plagt sie ein menschliches Bedürfnis, müssen die Mitarbeiter der Tegeler Kunststoffverarbeitungsfirma Gottberg und Partner derzeit mit Eimern vorlieb nehmen. Wie jetzt bekannt wurde, mußte bei dem Unternehmen, das Anfang April auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Firma Borsig in Tegel neue Räume bezog, vor kurzem das Klo wegen einer möglichen Verseuchung des herangepumpten Brauchwassers mit PCB -haltigem Altöl gesperrt werden. Schon vor gut zwei Wochen habe man festgestellt, daß aus dem Klospülbecken „bräunlich gefärbtes, ölig aussehendes Wasser“ blubberte, bestätigte Reinickendorfs Stadtrat für Wirtschaft und Finanzen, Jaenichen. Das Wasser stamme höchstwahrscheinlich aus einem der vier Kiesbrunnen auf dem Gelände. Der Unternehmenschef Gottberg dazu: „Schon beim unserem Einzug stand an mehreren Leitungen 'Kein Trinkwasser‘, also muß diese Brühe schon länger gelaufen sein.“
Umweltsenator Starnick indes hatte noch am vorletzten Freitag auf eine mündliche Anfrage erklärt, ein bereits vor 18 Monaten veranlaßtes Gutachten habe nur geringe Verunreinigungen des Grundwassers auf dem Firmengelände ergeben. Eine Sperrung der privaten Brunnen sei deshalb unterblieben. Ob dies nun doch geschehen muß, soll nach Senats-Order der Bezirk Reinickendorf durch eigene Untersuchungen klären. „Wir vom Grundstücksamt haben keine Leute, die einfach mal rumgehen und bei allen Betrieben vor Ort die Wasserhähne aufdrehen können“, mußte Finanzstadtrat Jaenichen hier freilich passen. Angesichts fehlender Leitungspläne, so der Stadtrat, sei die Quelle der Ölverunreinigung im Bezirk momentan „ein großes Rätsel“.
Das etwa 190.000 Quadratmeter große Gelände an der Veithstraße in Tegel war vom Senat 1987 für 30 Millionen Mark von Borsig aufgekauft worden. Neben dem öligen Grundwasser vermutet die Umweltverwaltung eine ganze Palette an Schadstoffen, unter anderem chlorierte und aromatische Kohlenwasserstoffe, Poly-Biphenyle (PCBs) und Schwermetalle wie Blei, Nickel und Cadmium. Da die Firma Herlitz auf einem 81.000 Quadratmeter großen Teil des Arreals schon im Herbst mit Aushubarbeiten für ein neues Fabrikationsgebäude beginnen will, soll die Suche nach den Altlasten nun vorgezogen werden. Im Juni wolle man mit den ursprünglich erst später geplanten 350 Probebohrungen beginnen, sagte dazu der Vertreter der Wasserbehörde. Frühestens im Oktober werde allerdings ein Gutachten vorliegen, das eine Abschätzung des notwendigen Umfangs und der Kosten der anstehenden Bodensanierung erlaube.
Vor Ankauf des Geländes sei dem Senat das Ausmaß der Verunreinigung nicht bekannt gewesen, hieß es von Seiten Starnicks in der Antwort auf die mündliche Anfrage. Eine „angemessene Regelung“ in dem Kaufvertrag sichere jedoch die Übernahme der Kosten einer eventuellen Bodensanierung durch die Firma Borsig, sofern die Voraussetzungen hierfür vorlägen. Bereits vor Ankauf des Grundstückes hätte das Land Berlin die Verschmutzung prüfen müssen, kritisierte dagegen der Reinickendorfer AL-Verordnete Schruoffenegger.thok
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