: Wer kifft, muß zu Fuß gehen
■ Bundesverwaltungsgericht erklärt Führerscheinentzug von Haschischraucher für rechtens, auch wenn dieser nie bekifft hinter dem Steuer saß / Flash-back Gefahr auch im Straßenverkehr
Wer kifft, muß zu Fuß gehen
Bundesverwaltungsgericht erklärt Führerscheinentzug von
Haschischraucher für rechtens,
auch wenn dieser nie bekifft hinter dem Steuer saß / Flash -back Gefahr auch im Straßenverkehr
Aus Heidelberg Rolf Gramm
Wer gelegentlich zum Haschisch-Pfeifchen greift und sich dabei erwischen läßt, der muß um seinen Führerschein bangen, auch wenn er sich nie angetörnt hinters Steuer gesetzt hat. Auch in der letzten Instanz bekam der 34jährige Elektroniker Dieter S. aus der Nähe von Heidelberg, seine Fahrerlaubnis, die ihm wegen gelegentlichen Cannabis-Konsums entzogen wurde, nicht zurück. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte jetzt, daß rechtlich gegen den Führerscheinentzug keine Bedenken bestehen.(AZ: BVerwG 7 B 188.87)
Alle mit dem Fall befaßten Behörden und Gerichte stützen sich bei ihren Entzugs„-Entscheidungen auf das Gutachten „Krankheit und Kraftverkehr“ des „Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin“ beim Verkehrs- und beim Gesundheitsministerium. In diesem Gutachten findet sich der Satz: „Das Haschisch kann zwar häufiger als das LSD genommen werden, es kann jedoch auch nach einmaliger Zufuhr nach einem symptomfreien Intervall von mehreren Tagen zu einem Wiederaufflammen der Rauschsymptome (flash-back, Echo -Rausch) kommen.“
Dieser eine Satz, der ohne weitere Erläuterungen oder Nachweise in dem 50seitigen Gutachten steht, genügte den Gerichten als Beleg, daß von einem Haschisch-Raucher „eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer“ ausgeht. Das Begehren von Dieter S., die Behauptung eines angeblichen flash-back bei Cannabis vor Gericht durch einen sachverständigen Gutachter widerlegen zu können, wiesen die Richter des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs zurück.
Auch die Rechtsbeschwerde, die Dieter S. daraufhin wegen „Versagung des rechtlichen Gehörs“ beim Bundesverwaltungsgericht anstrengte, wurde jetzt abgewiesen. Zwar seien die Ausführungen in dem Gutachten sehr knapp gehalten, und die Wirkung von Haschisch im Zusammenhang mit dem Echo-Rausch werde nicht näher beschrieben. Das könne ein Gericht gegebenenfalls durchaus verpflichten, „weitere sachverständige Beurteilungen einzuholen“. Im vorliegenden Fall aber hätten die Gerichte sich eine „derartige Beweiserhebung nicht aufdrängen“ lassen müssen, da sich Dieter S. grundsätzlich nicht zu „einer näheren Überprüfung seiner Drogenauffälligkeit“ bereiterklärt, sondern auf der grundsätzlichen Klärung einer flash-back-Gefahr bestanden habe. Dieter S. hat gegen den Führerscheinentzug jetzt Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen