: GESICHTER WERDEN GEMACHT
■ Ein Fototermin aus Anlaß von Dreharbeiten zu einem überflüssigen Film
GESICHTER WERDEN GEMACHT
Ein Fototermin aus Anlaß von Dreharbeiten zu einem
überflüssigen Film
Mike Krüger (49) beschrieb seine Lebensentscheidung folgendermaßen: „Mit dem Gesicht und der Nase“, erzählte er vor Jahren, „hätte ich entweder Blödelbarde werden oder zur Müllabfuhr gehen können!“ Die Müllabfuhr hat nochmal Glück gehabt.
Seit ein paar Wochen dreht der deutsche Allroundstar, der weder moderieren noch singen oder gar schauspielern kann, einen überflüssigen Film in Berlin. Unter dem Arbeitstitel „Schlechte Zeiten“ versuchen außerdem noch Karl Dall Grimassenhansel bei „Verstehen Sie Spaß“ - und eine gewisse Christina Plate, komisch zu sein. Plate ist noch kein Star, sondern erst ein Sternchen. Sie funkelte bisher ein bißchen in der Fernsehserie „Praxis Bülowbogen“ umher und träumt vom kometenhaften Aufstieg.
Letzte Woche waren etwa 50 Berliner Fotografen und auch ein paar Fotografinnen zu einer Location mit dem Trio geladen. Das ist englisch und bedeutet: Geile Fotogeschichte, Yellow Press anrufen. Etwa so: „Ey, Heinz, nächste Woche is da so'n Termin mit dem Dall und dem Krüger. Die machen hier gerade sone Komödie in Berlin.“ - „Hmmm.“ „Ja, hör ma, und da is noch die Christina Plate dabei, echt fotogen, die Frau, so'n Lolita-Typ, echt scharf, ehrlich!“ „Weeeer is das? Kennichnich.“ - „Naja, die kommt gerade hoch. Die is noch nich soooo bekannt. Aber Praxis Bülowbogen, hat die mitgemacht. Und überhaupt: Berlin geht doch gut im Moment. Ich mach dir auch die Siegessäule in'n Hintergrund!“ - „Jaaa, mach ma was. Aber mach ma was exklusiveres, in Farbe, aber nich diese Einheitsscheiße, kann ich ja sonst auch dpa anrufen, wa?“ - „Okay Heinz, schon klar Mann, kennstmichdoch, vielen Dank, echt toll von Dir, meine Kontonummer habt ihr ja...“ - „Tuuttuut.“
Auf dem Weg zum S-Bahnhof Tiergarten, wo das Trio abgelichtet werden soll, wird klar: Exklusive Fotos sind nicht drin. Die 50 Ablichter dürfen wegen Gleichbehandlung nur dasselbe Motiv machen. Etwa: Dall-Krüger-Plate. Oder: Plate, liegend auf Dall und Krüger. Oder Plate, vor Krüger mit Schaffnermütze. Einmal setzt sich Plate alleine hin. Das riechen die Fotoreporter sofort und schießen los. Plate neigt den Kopf nach hinten und lächelt. Dem Regisseur gefällt das nicht. „Ey, Leute, so gehts doch nich, Christina! sofort aufhörn!“ Das Sternchen ist artig.
„Also, hörma Kollege!“ Der taz-Fotograf, der Frau Plate eben beim Abschminken geknipst hat, weicht erschrocken zurück. „Also, wegen solcher Fotos ist das Verhältnis zwischen Fotografen und Künstlern so schlecht. Der Eberhard Feik haut jedem Fotografen mittlerweile was in die Fresse, weil ihn mal einer mit Lockenwicklern abgelichtet hat. Is doch auch wirklich Scheiße, Kollege! Laß das mal!“ Fräulein Plate gibt sich echauffiert. „Ichfindedasirgendwieauchnichgut!“ haucht sie. Altprofi Dall (siehe Fotoserie) hat damit weniger Probleme.
„Ey, Mike!“ ruft ein Fotograf dem Krüger zu, „äh, also, ich hab da so gehört, also: Spielst Du eigentlich wirklich Golf?“ - „Jaha!“ - „Also, ah, könnwa da nichma ne Geschichte machen? Du so mit'm Golfschläger, deine Frau und so, bißchen Freizeit und Familie, so Privatleben?“ - „Hmmm.“ „Also, ich hab das drauf, ja. Ich hab das schon mal mit dem Bernhard Langer gemacht, also Sportfotos: no problem bei mir. Echt??“ - „Jaa, na gut, aber nur die ersten paar Schläge, ich will da meine Ruhe haben!“ - „Boooh! Spitze! Ne, klar, nur zwei, drei Takes, dann ist die Sache klar. Ich ruf Dich an, ja, Mike? Miiiiike? Ja wo isser denn nu?“ Mike tut schon wieder das einzige, was er wirklich kann: Er hält seine Nase zu Verkaufszwecken vor die Objektive.C.C. Malzahn
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