Mit Tomaten gegen APO-Machos

■ Ehemalige SDS-Frauen diskutierten im Rahmen der FU-AStA-Reihe 68-88: Zwanzig Jahre sind genug über die Frauenbewegung einst und heute: Schlaft Ihr denn, daß Ihr heute alles zulaßt?

Mit Tomaten gegen APO-Machos

Ehemalige SDS-Frauen diskutierten im Rahmen der FU-AStA

-Reihe „68-88: Zwanzig Jahre sind genug“ über die

Frauenbewegung einst und heute: „Schlaft Ihr denn, daß Ihr heute alles zulaßt?“

Mit Tomaten und Flugblättern gegen die Genossen und ihre bürgerlichen Schwänze - mit dem Aufstand der SDS-Frauen wird heute der Beginn der neuen Frauenbewegung datiert. „Außer Männern haben wir nichts zu verlieren.“ Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des FU-AStAs „68-88: Zwanzig Jahre sind genug“, diskutierten APO-„Omas“ und rund 50 StudentInnen letzte Woche Anfänge und aktuellen Stand der Frauenbewegung.

Margit Eschenbach und Helga Reidemeister, ehemals SDS und heute Filmemacherinnen, schilderten ihre Erinnerungen an die Revolte von '68. Zunächst sei frau froh gewesen, wenn sie Flugblätter tippen und abziehen durfte. Es sei jedoch immer wieder deutlich geworden, daß es den Frauen im SDS nicht gut ging. Reidemeister erzählt von der Lebensgefährtin eines Genossen, die in einer SDS-Versammlung mit einem Schreikrampf zusammenbrach, während ihr Freund auf dem Posium dozierte. Der Frust der Frauen wurde erstmals auf der SDS-Jahrestagung 1968 in Frankfurt sichtbar, als erboste Frauen Tomaten auf die männlichen Vorstandsgenossen warfen. „Ich fand den Tomatenwurf toll, weil ich toll fand, daß Frauen endlich etwas taten“, erinnert sich Reidemeister. Was in der rückblickenden Perspektive den Ausgangspunkt der neuen Frauenbewegung markiert, schien den Beteiligten damals allerdings weniger einschneidend. Eschenbach: „Wir waren im Weiberrat und daneben natürlich weiterhin ordentlich in einer gemischten Gruppe organisiert.“

Daß früher alles viel besser gewesen sei, wurde von den 68erInnen heftig bestritten. „Ich kann mit dem Gejammer von der heutigen unpolitischen Studentengeneration nicht viel anfangen. Wir waren damals auch Einzelkämpfer“, erklärt Reidemeister. Beide Frauen wundern sich, wieviel Energie „in dem Bedauern, nicht dabeigewesen zu sein, nach hinten, in ein ewiges 68-88-Lamento“ investiert wurde; sie wehren sich gegen die Glorifizierung der 68er Zeit. „In der Retrospektive zieht sich alles zusammen“, erklärt Reidemeister. Die Studentenbewegung werde zu einer eindeutigen und starken Bewegung verklärt, die sie nie gewesen sei.

Die Beschwerdeliste der StudentInnen - von der Abschaffung von Frauenseminaren über die Vereinnahmung feministischer Themenstellungen zur Alibifrauenbeauftragten bis hin zu fehlenden Kita-Plätzen für studierende Mütter ließ die Älteren die Köpfe schütteln: „Ja, schlaft Ihr denn, daß Ihr alles zulaßt?“, wunderte sich Eschenbach. „Ich hasse es, zu sagen 'wir früher‘, aber wir früher hätten das diskutiert oder Druck gemacht.„-guth