piwik no script img

"Der politische Hintergrund spielt keine Rolle"

■ Ellen Olms beobachtete in Pretoria das Verfahren der Sharpeville Six

I N T E R V I E W „Der politische Hintergrund spielt keine Rolle“

Ellen Olms beobachtete in Pretoria das Verfahren der

Sharpeville Six

taz: Wie sind die Verhandlungen gelaufen?

Ellen Olms: Der Richter ist der gleiche wie in der ersten Instanz. Er hat die Todesurteile gegen die Sechs ausgesprochen. Die Verteidiger haben ihre Argumente vorgetragen, warum das Verfahren wieder aufgenommen werden soll. Es geht dabei um den Zeugen, der damals gegen die Sechs ausgesagt hat, aber später entscheidende Passagen seiner Aussagen revidierte, weil sie unter Folter gemacht wurden. Die Staatsanwaltschaft hat aber nur verfahrenstechnisch argumentiert, um die Wiederaufnahme abzulehnen, und dazu Urteile von 1907 bis 1987 zitiert. Der politische Hintergrund spielte dabei überhaupt keine Rolle. Es war schon erschreckend.

Warum wurde die Entscheidung vertagt?

Die Vertagung durch den Richter kam für alle überraschend. Ich habe den Eindruck, daß er sich - nachdem es so viel internationalen Protest gegeben hat - rückversichern will. Es soll aussehen, als ob er für die Entscheidung, nach Anhörung der beiden Seiten, noch etwas Zeit brauche.

Wie wird die Entscheidung am Montag aussehen?

Alle, Verteidiger und Vertreter der Botschaften und andere, sind sehr pessimistisch. Der Richter hat in seinen Zwischenfragen immer wieder deutlich gemacht, daß er in keiner Weise auf die Argumente der Verteidigung eingeht. Und weil es ja der gleiche Richter ist, der die Todesurteile ausgesprochen hat, müßte er jetzt zugeben, daß es Fehlurteile waren. Das ist nicht zu erwarten.

Was werden die Anwälte dann weiter tun?

Es gibt noch die Möglichkeit, zu einer höheren Instanz zu gehen. Aber auch dort müßte um die Zulassung gekämpft werden. Die andere Möglichkeit wäre, einen Gnadenakt von Botha zu fordern. Aber Botha hat schon einmal einen Gnadenakt für die Sechs abgelehnt. Was sollte sich da jetzt geändert haben?Interview: Jutta Kramm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen