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Der Weg des Nelson Mandela

Der Weg des Nelson Mandela

Was sich der alte Mann in seiner Gefängniszelle wohl gedacht haben mag, als er für wenige Sekunden in den Abendnachrichten des Apartheid-TV sehen konnte, wie Zehntausende im weitentfernten London unter Anrufung seines Namens in Ektase fielen. Wie fühlt sich ein Mensch, der im Gefängnis gleichzeitig alt und zum Symbol von Millionen von Menschen für den Kampf gegen Rassismus geworden ist, der von den Medien und seiner eigenen Organisation instrumentalisiert wird?

24 Jahre ist es her, daß das Apartheid-Regime Nelson Mandela und einige andere ANC-Führer wegen angeblichen Hochverrats und Sabotage aus dem Verkehr gezogen hat. Schon damals gehörte der Rechtsanwalt zu den Wortführern der Anti -Apartheid-Bewegung in Südafrika.

Als Vorsitzender der Jugendliga des ANC hatte er zusammen mit seinen Freunden Walter Sizulu und Oliver Tambo den behäbig gewordenen ANC aktiviert. Der 1912 gegründete ANC entwickelte sich in den 50er und Anfang der 60er Jahre zum Zentrum des Widerstands gegen die Apartheid. Zur selben Zeit veröffentlichte der ANC die Freiheitscharta, das Grundsatzprogramm des ANC, dessen Präambel mit dem Satz beginnt: „Südafrika gehört allen, die darin leben, Schwarzen und Weißen.“

1958 heiratete er die wesentlich jüngere Winnie, die ihn gleich zu Beginn warnte, daß er bei ihr an der falschen Adresse sei, wenn er nur eine Romanze suche. 1961, nach dem Massaker von Sharpeville, wurde der ANC verboten. Zusammen mit den anderen ANC-Führern ging Mandela in den Untergrund. In dieser Situation gab der ANC seine Politik des gewaltfreien Kampfs gegen das Apartheid-System auf. Mandela gründete den militärischen Flügel des ANC, um mit Sabotageaktionen den Widerstand fortzusetzen. 1962 wurde Mandela verhaftet, zwei Jahre später zu lebenslanger Haft verurteilt.

Seit Jahren wird über die Freilassung des Mannes, der am 18. Juli 70 Jahre alt wird, spekuliert. Doch das Regime kann sich nicht entscheiden: Falls Mandela im Gefängnis stirbt, könnte es zu einem gewaltsamen Aufstand kommen. Andererseits befürchten die Apartheid-Strategen, daß mit seiner Freilassung große Erwartungen verbunden sind, die den Widerstand gegen ihr System anstacheln könnten. Offiziell hat Rassistenchef Botha Mandela schon oft die Freilassung angeboten. Einzige Bedingung: Er müsse der Gewalt als politischem Mittel abschwören. Mandela, den sich die meisten Schwarzen als ersten Ministerpräsidenten eines befreiten Südafrikas wünschen, ist dagegen der Meinung, daß das Rassisten-Regime erst seine gewalttätige Politik beenden müsse. „Zu viel sind gestorben, seit ich ins Gefängnis kam. Ich schulde es ihren Witwen und Waisen, ihren Müttern und Vätern. Nicht nur ich habe während dieser langen, einsamen und vergeudeten Jahre gelitten. Ich liebe das Leben nicht weniger als ihr. Aber ich kann keine Versprechungen machen, solange ich und ihr, das Volk, nicht frei sind. Eure Freiheit und meine sind untrennbar. Ich komme wieder.„Michael Fischer

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