Langer Atem

■ Die CDU-Rechten haben gute Karten

K O M M E N T A R Langer Atem

Die CDU-Rechten haben gute Karten

Helmut Kohl kann mit dem Verlauf des CDU-Parteitags zufrieden sein. Zwar gibt es in der Partei einigen Unmut aber keinen Drang zur Rebellion. Die CDU konzipiert und realisiert den autoritären Staat nicht nur - die Autoritätshörigkeit ist bei der überwiegenden Mehrzahl ihrer Delegierten fest verankert. Das auffallend geringe Interesse der anwesenden CDU-Mitglieder an der Aussprache, also an einer der wenigen Möglichkeiten, nicht nur im Stillen über Adenauer-Haus und Regierung zu nörgeln, ließ das offensichtlich werden.

Der Ablauf in Wiesbaden hat aber nicht nur Kohls Position stabilisiert. Der rechtsextreme Flügel wurde gestärkt. Daß die Auseinandersetzung über die beste Art und Weise, wie gegen abtreibende Frauen vorgegangen werden kann, am härtesten und ausführlichsten diskutiert wurde, wird Folgen für das Beratungsgesetz haben - aber nicht nur dafür. Nach diesem Parteitag ist es nur noch ein Frage der Zeit, wann die FDP wieder umfällt. Das an diesem Punkt offensichtlich gewordene Interesse, möglichst weit ins rechtsextreme Spektrum hinein Kräfte in die CDU zu integrieren, wird in Zukunft einiges nach oben spülen. Der Vorschlag der Einführung eines Arbeitsdienstes für arbeitslose Jugendliche deutet diese Richtung an. Daß derartige Initiativen nicht mehrheitsfähig sind, ist kein Anlaß, sie nicht ernst zu nehmen: Bis das Beratungsgesetz beschlußreif war, hat es fünf Jahre gedauert. Die Rechten haben bewiesen, daß sie den nötigen Atem für eine Kampagne haben. Oliver Tolmein