piwik no script img

Nicaragua liberalisiert die Wirtschaft

■ Bald Produktionsprämien in Dollar / Freigabe der Preise fast aller Waren und Dienstleistungen /

Nicaragua liberalisiert die Wirtschaft

Bald Produktionsprämien in Dollar / Freigabe der Preise fast aller Waren und Dienstleistungen /

Aus Managua Ralf Leonhard

Wirtschaftliche Sparmaßnahmen ändern nichts an der sozialistischen Ausrichtung der nicaraguanischen Revolution. Das stellte der Präsident Daniel Ortega am Dienstag in einer Ansprache vor Arbeitern, in der er mit seltener Offenheit die katastrophale Lage der Wirtschaft darlegte, deutlich klar.

„Wir haben mehrmals diskutiert, ob eine Politik angebracht wäre, die zur Abschaffung des Privateigentums führt“, verkündete Ortega. Alle Kollektivierungspläne nach dem Vorbild Kubas seien jedoch aus Rücksicht auf die Kleinbauern als unrealistisch ad acta gelegt worden. „Wir müssen Produktionsanreize in Dollar geben“, so der Präsident, „weil die Produzenten nur auf wirtschaftliche Stimulierung reagieren“. Vom Gewinn würden allerdings 75% durch Besteuerung abgeschöpft. Kredite, die bisher durch die Inflation praktisch Schenkungen gleichkamen, müssen in Zukunft mit inflationsgesicherten Zinssätzen zurückgezahlt werden.

Die Last der Krise, so betonte Ortega mehrmals müßten weiterhin die Arbeiter tragen. Eine allgemeine Lohnerhöhung stehe nicht an. Die Vergangenheit habe erwiesen, daß jede Gehaltsanpassung einen Inflationsschub auslöst. Lediglich in produktiven Betrieben können, Ortega zufolge gewisse Prämien vereinbart werden. Er gab zu bedenken, daß nicht mehr als 205.000 Arbeiter aus dem produktiven Bereich die 80.000 Staatsangestellten und 130.000 Soldaten mit ernähren müssen.Die Preise fast aller Waren und Dienstleistungen werden freigegeben. Ausgenommen sind lediglich das Transportwesen und andere „sensible Bereiche“.

Eines der Hauptprobleme sieht die sandinistische Führung darin, wie erreicht werden kann, daß Arbeitskräfte zurückkehren auf das Land, wo sie in der Nahrungsmittel- und Exportproduktion dringend gebraucht werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen