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Haiti: Armeechef feuert Staatschef

■ General Namphy setzt Präsident Manigat ab, nachdem dieser ihn absetzte / Armee gespalten

Port-au-Prince (wps/afp/taz) – In Haiti stürmten unter dem Befehl von Armeechef Henri Namphy Soldaten am Sonntagabend den Nationalpalast und setzten den Präsidenten Leslie Manigat ab. Am Montagmorgen waren in der Hauptstadt Port-au –Prince noch vereinzelt Schüsse und Maschinengewehrsalven zu hören. Doch scheint sich im Machtkampf zwischen dem Armeechef und dem von den Militärs im Januar über eine Wahlfarce eingesetzten Präsidenten der General vorerst durchgesetzt zu haben. Der abgesetzte Staatschef, dessen Villa von rebellierenden Truppen umstellt ist, soll unbestätigten Berichten zufolge des Landes verwiesen werden. Sein Anspruch, weiterhin verfassungsmäßiger Präsident zu sein, wird von den USA unterstützt.

Präsident Manigat hatte Namphy am Freitag aus seinem Amt entlassen und unter Hausarrest gestellt.

Am Sonntagabend rückte der General daraufhin an der Spitze von Panzertruppen, die ihn zuvor befreit hatten, gegen den Nationalpalast vor und eroberte ihn nach kurzem Kampf. Von den drei in Port-au-Prince stationierten Kampfverbänden der 7.000 Mann starken Armee beteiligten sich zwei, die Präsidentengarde und die „Eingreiftruppe Leoparden“, am Putsch. Das Dessalines-Bataillon schlug sich auf die Seite des Präsidenten. Bei Redaktionsschluß war nicht bekannt, wieviele Tote und Verletzte die Auseinandersetzungen gefordert haben. In seiner Ansprache, die in der Nacht zum Montag aus dem erstürmten Nationalpalast übertragen wurde, warb Namphy um Vertrauen.

„Freunde, vertraut mir und vertraut der Armee in meinen Händen“, sagte er, behelmt und mit einer Maschinenpistole der israelischen Marke Uzi in der Hand. Unter den umstehenden, ebenfalls waffenstarrenden Offizieren befand sich auch Oberst Morton Gousse, den Präsident Manigat zwei Tage vor seinem Sturz anstelle Namphys an die Spitze der Armee berufen hatte.

Der Machtkampf in Haiti hatte letzte Woche begonnen, als Namphy ohne Zustimmung des Präsidenten mehrere Offiziere auf andere Posten versetzte. Manigat bezeichnete damals die Maßnahme als „verfassungswidrig“. Am Mittwoch abend einigten sich beide Seiten zunächst auf einen Kompromiß. Die Personalentscheidungen wurden vorläufig ausgesetzt. Dennoch enthob Manigat den Armeechef am Freitagabend überraschend seines Postens. Zu der Kraftprobe hatte ihn offenbar der Kommandeur des Dessalines-Bataillons, Oberst Jean-Claude Paul, ermutigt, der sich zunehmend als neuer starker Mann der Armee profilierte. Gegen Paul läuft in den USA seit März ein Verfahren wegen Drogenhandels.

General Namphy will nun, so berichtet 'Los Angeles Times' mit Berufung auf Außenminister Gerard Latortue, eine dreiköpfige Junta bilden, der neben ihm auch General Williams Regala, zur Zeit Verteidigungsminister, und Oberst Prosper Avril angehören sollen. Avril ist Generalinspektor der Präsidialgarde. Manigat hatte letzte Woche versucht, ihn auf einen weniger bedeutsamen Posten zu versetzen.

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