Knäuel

■ Diplomatische Bewegung um Kambodscha

Wenn das immer noch nicht ausgelaufene Modell Afghanistan auch anderswo seine Nachahmer findet, dann steht Kambodscha sicherlich an erster Stelle. Die festgefahrene Situation gerät in und um Kambodscha herum endlich etwas in Bewegung. Ob sich das Knäuel von Interessen dort aber so relativ leicht entwirren läßt wie bei dem nun wahrlich auch nicht besonders überschaubaren Kampf um Afghanistan, ist mehr als fraglich.

Da stehen vietnamesische Besatzungstruppen im Land, die die Bevölkerung von dem Terror der Roten Khmer befreiten, die in einem Volkskrieg an die Macht gekommmen waren, nachdem die USA den Vietnamkrieg ausgeweitet hatten, die das Land bombardierten und den damaligen Staatschef Prinz Sihanouk aus dem Land jagten, der nun wiederum über Jahre gemeinsam mit den Roten Khmer gegen die Vietnamesen kämpfte und sowohl vom Westen wie auch von China aus unterstützt wird. Die Sowjetunion dagegen hilft Vietnam und ist deshalb mit China aneinandergeraten, möchte aber seit 1986 den Klotz am Bein Kambodscha loswerden und zog damit den Widerwillen Vietnams auf sich, das in Kambodscha nicht nur brüderliche Hilfe leistete, sondern auch Großmachtträumen nachhing, was wiederum die USA und die verbündeten ASEAN-Staaten auf den Plan rief zu einer aktiven antivietnamesischen und prochinesischen Politik. Alles klar?

Trotzdem, die Kungeleien in Washington und Moskau über die Lösung der regionalen Konflikte zogen die Fäden etwas auseinander. Die chinesische Führung hat nach dem Beginn des Truppenabzugs die Zweifel am Willen der Sowjetunion verloren, Vietnam zu einem Truppenrückzug zu bewegen. Und der wird in einer Woche beginnen. In Kambodscha selbst hat der Taktiker Prinz Sihanouk wieder die Initiative an sich gerissen. Daß nun auch die ASEAN-Staaten und die USA am Knäuel wickeln, hat immerhin zur Ankündigung von Verhandlungen geführt. Das bedeutet für die Kambodschaner noch keinen Frieden, aber Hoffnung auf ihn.

Erich Rathfelder