: CDU barschelt in der Spielbank-Affäre
Der niedersächsische CDU-Generalsekretär sieht in der Spielbank-Affäre eine „von langer Hand vorbereitete Kampagne gegen die CDU“ / Ex-Wahlkampfmanager Laszlo Maria von Rath deutet weitere Enthüllungen an / 500.000 Mark für die niedersächsische CDU gesammelt ■ Aus Hanover Jürgen Voges
Für den niedersächsischen CDU-Vorsitzenden Wilfried Hasselmann und seinen Staatssekretär Dieter Haaßengier war es eine schwere Entscheidung. Seit 14 Tagen ist die Aussage des ehemaligen CDU-Wahlkampfmanagers Laszlo Maria von Rath bekannt, die niedersächsische CDU habe Anfang der 70er versucht, Spielbankgewinne in ihre Parteikassen umzuleiten.
Am Mittwoch abend erst entschlossen sich Hasselmann und der ehemalige CDU-Generalsekretär Haaßengier gegen Rath vor Gericht zu ziehen. In einer CDU-Pressemitteilung wurde die bekannte eidesstattliche Versicherung von Laszlo Maria von Rath zitiert, wonach sich der Wahlkampfmanager „im Februar 1971 als Treuhänder der Niedersachsen-CDU an einer Gesellschaft beteiligte, die eine Spielbank-Konzession erlangen wollte“. Und es wird die Aussage Raths wiederholt, Hasselmann und Hassengier hätten als Gegenleistung für die Beteiligung „die Verabschiedung eines Spielbankgesetzes mit Hilfe von CDU-Stimmen in Aussicht gestellt“. „Diese Behauptungen sind unwahr“, heißt es dann lapidar im Text dieser Strafanzeige, sie stellten eine strafbare Beleidigung dar.
Der heute als Immobilienmakler in Florida lebende Rath reagierte prompt. Die niedersächsische CDU-Spitze solle sich gut überlegen, was sie sagt, erklärte er noch am gleichen Abend über die Deutsche Presseagentur. Und mit dem Hinweis auf die engen privaten, politischen und wirtschaftlichen Kontakte, die er zu Ministerpräsident Albrecht bis zum Ende der siebziger Jahre unterhalten habe, deutete der Ex -Wahlkampfmanager weitere Enthüllungen an. Der taz gegenüber bezifferte Rath das allerdings auf andere Weise für die CDU gesammelte Spendenaufkommen auf rund 500.000 Mark. Rath betonte, daß er für diese Sammeltätigkeit nie Provisionen verlangt habe.
Es ist wohl tatsächlich die Furcht vor weiteren Enthüllungen, die die CDU solange beim Aufbau einer Verteidigungslinie zögern ließ. Nachdem sich Ernst Albrecht am Montag erst mal zu einer „Auszeit“ (so sein Regierungssprecher) in sein östereichisches Ferienhaus zurückgezogen hatte, ließ er durch seine Anwälte beim niedersächsischen Privatradio FFN anfragen, welche Aussagen von Rath denn dort noch vorlägen. Der Sender, der von Rath in den USA ausfindig gemacht hatte, verweigerte dem Ministerpräsidenten zwar den gewünschten „Einblick in alle Unterlagen“. Doch die CDU-Strafanzeige ging erst heraus, nachdem FFN versichert hatte, man habe alle wesentlichen, die CDU betreffenden Aussagen des Ex-Wahlkampfmanagers bereits veröffentlicht. Albrecht hatte darüberhinaus schon Dienstagnachmittag eine handverlesene Runde von zwölf Journalisten zum „Hintergrundgespräch“ ins Gästehaus der Landesregierung gebeten.
Gestern erschien in der größten niedersächsischen Tageszeitung, der 'Hannoverschen Allgemeinen‘, der erste ausführliche Artikel zu der Affäre, geschrieben von einem Teilnehmer der Albrecht-Runde mit dem Titel: „Phantastische Erzählungen über Geld, Unmoral und Politik“. Hasselmanns heutiger Staatssekretär, der Ex-CDU-Generalsekretär Haaßengier, hatte Laszlo Maria von Rath schon zuvor gleich als „Verrückten“ beschimpft und sprach wieder einmal von einer „von langer Hand vorbereiteten Kampagne gegen die CDU“. Als auch noch Albrecht gegenüber der Bildzeitung von „Aktion der linken Kampfpresse und der SPD“ sprach, konnte Oppositionsführer Gerhard Schröder genüßlich „an ähnliche Behauptungen des früheren Ministerpräsidenten Barschel“ erinnern.
Regierungschef Albrecht selbst ist allerdings bisher noch am wenigsten belastet worden. In einem RTL-Plus -Fernsehinterview hatte von Rath beispielsweise das entscheidende Gespräch mit Albrecht, Hasselmann und Hassengier über die CDU-Spielbankbeteiligung mit den Worten beschrieben: „Ich wußte, daß sich Albrecht nie festlegen wird in irgendwelche Richtung.“ Der damalige CDU -Schatzmeister Albrecht habe zur Spielbankbeteiligung anders als die übrigen Gesprächsteilnehmer „auch nicht unbedingt klar ja gesagt“, sondern nur „hm, warum auch nicht“. Auch die Aussagen Raths zur niedersächsischen Ministerpräsidentenwahl 1976 - bei der Albrecht nur durch die Stimmen zweier Überläufer ins Amt kam - betreffen in erster Linie den CDU-Vorsitzenden Wilfried Hasselmann.
Dem FDP-Funktionär und damaligen Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium Reinhard Brennecke soll Hasselmann über Rath eine Beförderung um eine Gehaltsstufe zum Regierungspräsidenten versprochen haben, falls er den Kontakt zu einem FDP-Überläufer herstelle. Hasselmann gab Anfang der Woche noch zu, in dieser Angelegenheit möglicherweise einmal angerufen worden zu sein. Allerdings blieb Brennecke nach der Albrechtwahl auf seinem Posten im Wirtschaftsministerium.
Auch in Sachen CDU-Spielbankbeteiligung war der niedersächsische CDU-Vorsitzende in der vergangenen Woche noch weitaus vorsichtiger. Er gab vor dem Spielbank -Untersuchungsausschuß immerhin zu, daß er mit Rath über eine solche Beteiligung gesprochen hat. Am gleichen Tag kam aber auch eine direkte Verbindung des damaligen CDU -Schatzmeisters Ernst Albrecht mit dem damaligen Wahlkampfmanager zur Sprache. Albrecht, so sagte der Ex-CDU -Generalsekretär Haaßengier aus, sei zwischen 1974 und 1976 Geschäftsführer der „FSG Informationsdienst GmbH“ gewesen, die im gemeinsamen Besitz des CDU-Verlages „Niederdeutsche Stimmen“ und des Ex-Wahlkampfmanagers war. Haaßengier beschrieb diese Firma mit dem bezeichnenden Namen „Für Sie gesammelt“, abgekürzt: „FSG“, als typische Spendensammelstelle, auch wenn er diesen Begriff in seiner Aussage tunlichst vermied.
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