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Der Geheime Rath der Niedersachsen-CDU

Der Ex-Finanzberater der CDU - durch die Spielbank-Affäre in Hannover ins Gespräch gekommen - zeigt sich verwundert über die aufgeregten Reaktionen der Christdemokraten über seine Stellungnahmen / Albrecht zahlte per Scheck eine Mark und elf Pfennige  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

„Man nannte mich damals in Hannover den Sonderbotschafter oder auch den 'Geheimen Rat‘ der CDU“, sagt der ehemalige Wahlkampfmanager der niedersächsischen CDU, Laszlo Maria von Rath, noch heute mit einer gewissen Nachdenklichkeit.

Aus dem Geheimrat ist jetzt der Angstgegner der Christdemokraten an der Leine geworden: Noch am Freitag beschloß die CDU/FDP-Mehrheit im Spielbank -Untersuchungsausschuß, keine weiteren Zeugen zur CDU -Spielbank-Beteiligung zu vernehmen, bevor nicht von Rath selbst ausgesagt hat, der ja beschwört, im Auftrage der CDU 1972 in die Spielbankgruppe Kalweit eingetreten zu sein. Durch den Beschluß des Landtagsausschusses wird jetzt auch Ministerpräsident Ernst Albrecht erst nach dem „Kronzeugen“ zur Vernehmung erscheinen müssen und kann erst einmal abwarten.

Laszlo Maria von Rath selbst will erst Anfang August aus Florida in die Bundesrepublik reisen. Bisher verfolgt und betreibt der agile 66jährige Ungar das hektische Treiben in Hannover von seinem Haus in West-Palm-Beach, Florida, aus: Er empfängt Reportergruppen, gibt Telefoninterviews, läßt sich Zeitungsartikel über die Affäre per Telefax durchgeben und kann eine gewisse Verwunderung darüber nicht verbergen, wie seine Aussagen die CDU in Nöte gebracht haben.

Der „Geheime Rat“ war nie Mitglied der Christdemokraten. Er diente aber fast zehn Jahre lang von 1967 bis 1976 der Niedersächsischen CDU als Wahlkampf- und vor allem als Finanzberater und war während dieser Zeit den Parteispitzen des Landes „auch privat eng verbunden“. Für die Wahlkämpfe der Landes-CDU hat von Rath nicht nur Broschüren und Plakate entworfen, vor allem hat er sich ums Geld gekümmert.

„Ich habe damals ungefähr 500.000 Mark Spenden für die Landes-CDU selbst gesammelt oder vermittelt“, sagt er gegenüber der taz. In der ersten Zeit habe er dem CDU -Vorsitzenden Hasselmann, dem als Landwirt aus Celle entsprechende Kontakte fehlten, Zugang zu wichtigen Wirtschaftsunterbnehmen verschafft. „Wenn ich dann mit dem Vorsitzenden Hasselmann bei den Unternehmen zum Besuch erschien, konnten wir bis zu fünfstellige, manchmal auch sechsstellige Spenden in Empfang nehmen.“ Später sei er allerdings dieser „Betteltouren“ überdrüssig geworden.

„Nach der verlorenen Landtagswahl 1974 haben wir dann alljährlich 14 bis 16 wichtige Persönlichkeiten aus der Wirtschaft zum Dinner in den Celler 'Fürstenhof‘ gebeten und dort die Spenden für die CDU in Empfang genommen.“ Die Bewirtung im Fürstenhof habe er damals aus eigener Tasche bezahlt, sagt von Rath. Für sein gesamtes Engagement für die CDU sei er nicht bezahlt worden und habe für das Sammeln von Parteispenden nie eine Provision erhalten. Noch heute besitzt er einen Sckeck über eine Mark und elf Pfennige, ausgestellt von Ernst Albrecht als symbolische Anerkennung für die Beratertätigkeit im Landtagswahlkampf 1974.

„Rath hat sich damals immer als One-Dollar-Man der CDU bezeichnet“, dies sagte auch der damalige CDU -Generalsekretär Haaßengier vor dem Spielbank -Untersuchungsausschuß. Aber nach Meinung von Haaßengier, der heute Staatssekretär von Innenminister Wilfried Hasselmann ist, hat von Rath dennoch „durch die Parteiaufträge an seine Werbeagentur gut verdient“. Es sei auch von Raths Vorschlag gewesen, so sagte Haaßengier, 1974 die „FSG Informationsdienst GmbH“ zu gründen, an der die CDU und von Rath sich zu gleichen Teilen beteiligten und deren Geschäftsführer Ernst Albrecht wurde.

Unter dem Titel „Für sie gesammelt“ (FSG) seien damals Ausschnitte aus gängigen Wirtschaftdiensten, wie dem Platow -Brief zusammengefaßt worden. „Die Partei hatte dann die Möglichkeit“, so sagte Haaßengier, „diese Publikation zu verkaufen.“

Laszlo Maria von Rath bestreitet allerdings, daß bei der FSG mit Hilfe dieser Publikationen aus zweiter Hand verdeckt Parteispenden gesammelt worden seien. „Solche Methoden habe ich immer abgelehnt und nur auf korrekte Weise Parteispenden gesammelt“, sagt er am Telefon. Die Firmenunterlagen der FSG, die von Rath später völlig übernommen hat, liegen heute bei einem ehemaligen Mitarbeiter der Firma in der Bundesrepublik.

Von Rath versichert, daß er niemals Unterlagen in Deutschland zurückgelassen hätte, „die nicht sauber und einwandfrei sind“. Der „geheime Rat“ der CDU hatte noch verschiedene andere Firmen und als er 1976 von Hannover nach Bonn wechselte blieb er Ernst Albrecht noch jahrelang „privat“ verbunden.

Ministerpräsident Albrecht selbst hat sich nun am vergangenen Donnerstag erstmals wegen der Affäre an seinen Ex-Wahlkampfmanager gewandt. Doch in dem Telefax, das er nach Florida sandte, ließ er Vorsicht walten. Der Brief enthält keinerlei Androhungen von rechtlichen Schritten, sondern nur einen Katalog von Fragen. Für Laszlo Maria von Rath ist das Schreiben „ein echter Albrecht“. Der Ministerpräsident frage ihn vor allem nach Behauptungen, die er nie aufgestellt habe, um dann mit einer dementierenden Antwort an die Öffentlichkeit gehen zu können.

Die CDU, so sagt deren heutiger Generalsekretär Hartwig Fischer, werde den Brief Albrechts an von Rath erst zusammen mit der Antwort veröffentlichen. Ernst Albrecht hat abseits von solchen taktischen Winkelzügen, sicherlich noch andere Gründe, seinen ehemaligen Wahlkampfberater vorsichtig zu behandeln. Laszlo Maria von Rath liquidierte seine Firmen in der Bundesrepublik oder überschrieb sie an seine Ehefrau und verlegte 1981 seinen Wohnsitz ins sonnige Florida, alles bevor hierzulande die Parteispendenaffäre Wellen schlug. Für seine Aussage vor dem Spielbankuntersuchungsausschuß forderte er von Anfang an „freies Geleit“. Dabei fürchtet er sicherlich nicht Strafanzeigen, wie die wegen Beleidigung, die Wilfried Hasselmann letzte Woche gegen den Ex -Wahlkampfmanager erstattet hat.

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