Kubat-Räumung schon vor dem 1.Juli?

■ Trotz ausweichender Dementis seitens der Senatskanzlei besteht die Möglichkeit, daß das besetzte Kubat-Dreieck vor dem 1.Juli geräumt wird / Zwei Personen befinden sich immer noch in Haft, davon eine Frau mit einer Kopfverletzung im Haftkrankenhaus

Nach zuverlässigen Informationen der taz denkt die Senatskanzlei daran, schon vor dem 1.Juli das Hüttendorf auf dem besetzten Kubat-Dreieck zu räumen. Die Senatskanzlei dementierte dies gestern. Im Bausenat, der die Munitionssuche auf dem Dreieck vorbereitet, wurde es nur als „unwahrscheinlich“ bezeichnet.

Zuvor müßte auch die DDR das Tauschprotokoll unterschrieben haben. Das Gelände des Güterbahnhofs Nord, das an Ost-Berlin geht, wird zudem erst am 1.7. zur Übergabe bereit sein. Denkbar wäre jedoch eine Sonderregelung mit der DDR. FDP -Geschäftsführer Lange bekräftigte gestern auf Anfrage, die FDP sei gegen eine „gewaltsame Räumung“ und für die Einschaltung eines Vermittlers. Diese Meinung werde die FDP auch in den heutigen Senatsberatungen vertreten. „Da wird keiner losschlagen, ohne daß wir informiert werden“, versicherte Lange doppeldeutig.

Der Bausenat bereitet sich darauf vor, „möglichst schnell“ nach dem Austausch das Kubat-Dreieck nach Munition abzusuchen. Baudirektor Görler bestätigte, es sei nötig, dafür den Boden zumindest teilweise auch „abzuräumen“. Da der Boden dann mehrere Meter tief ausgeschachtet wird, bedeutet dies, daß die Flora am Kubat-Dreieck zerstört wird. Durch die Ausschachtung könnte der Senat weiteren Streit um das Grün und neue Besetzungen unterbinden. Die Genehmigungen nach dem Naturschutzrecht werde man vorher einholen, versicherte Görler.

Der Umweltsenat selbst hält das jedoch gar nicht für nötig. Daß hier viel Munition zu finden ist, wird von Experten hingegen bezweifelt. „Wenn die Polizei sagt, da liegt Munition, kann man nicht abwarten, ob die Baumfällgenehmigung erteilt ist“, so Staatssekretär Koch (FDP) vom Umweltsenat gestern zur taz.

Verhaftungen

und Polizeiärger

Der am vergangenen Freitag nach der Kubat-Demonstration verhaftete 24jährige ehemalige DDR-Bürger befindet sich entgegen einer zuvor verbreiteten Meldung immer noch wegen schweren Landfriedensbruchs in Haft. Wie sein Rechtsanwalt, Ströbele, gestern mitteilte, wurde er am Freitag nach der Demo an einer Imbißbude am Zoo festgenommen. Ein Polizeibeamter wolle ihn als Steinewerfer - vom 20.6. am Kubat-Dreieck - wiedererkannt haben. Der Beschuldigte habe am Samstag Haftverschonung erhalten, befinde sich aber aufgrund der Beschwerde der Staatsanwaltschaft bis zu einer Entscheidung des Landgerichts weiter in Haft.

Nach Auskunft der Justizpressestelle befindet sich seit dem 19.6. auch eine 21jährige Frau wegen schweren Landfriedenbruchs am Kubat-Dreieck in Haft. Sie liegt seither im Haftkrankenhaus, weil sie bei ihrer Festnahme eine Kopfverletzung davongetragen hat. Dem Justizsprecher zufolge soll die Verletzung bei der Festnahme durch einen Steinwurf aus dem Besetzerlager zustande gekommen sein.

Steinwürfe von seiten der Polizeibeamten hat Freitag nacht ein taz-Fotograf beobachtet. Zwischen 23.50 und 0.10, so sein Bericht, habe er an der Bellevuestraße vor dem Esplanade gesehen, daß Beamte Steine aufgehoben und in Richtung Besetzer-Lager geworfen hätten. Es gebe noch weitere Augenzeugen für den Vorfall. Aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Terminschwierigkeiten wird der Fotograf erst am Donnerstag Strafanzeige erstatten.

Die Herkunft von rund 50 Geschoßteilen, die nach der freitäglichen Auseinandersetzung auf dem Kubat-Dreieck aufgesammelt wurden, ist ungeklärt. Es handelt sich dabei um zylinderförmige schwarze Plastikkappen von drei bis vier Zentimeter Länge. Einige Besetzer vermuteten, daß es sich um Zusatzteile von Tränengasgranaten handelt. Ein Polizeisprecher erklärte, derartige Teile würden von der Polizei nicht verwendet.

plu