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Neckarwestheim soll ans Netz gehen

■ Bürgerinitiative „Strom ohne Atom“ warnt vor vorzeitiger Inbetriebnahme des Meilers / Atomstromanteil wächst

Berlin (taz) - Bis zum Jahr 2000 sollen mangels Bedarf keine neuen Atomkraftwerke mehr in Betrieb genommen werden, sagte in Frankfurt Joachim Grawe, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke. Als letzter Block solle Neckarwestheim ans Netz gehen. Nach Informationen der Aktion „Strom ohne Atom“ soll dieses AKW jedoch bereits im August dieses Jahres, ein Jahr vor dem ursprünglich geplanten Termin, den Probebetrieb aufnehmen.

Offensichtlich wollten das Wirtschaftsministerium und die Betreiber „die Sommerpause dazu nutzen, das ungeliebte und überflüssige Kind Neckarwestheim II klammheimlich in Betrieb gehen zu lassen“, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative.

Das Wirtschaftsministerium wird aufgefordert, angesichts der fehlenden wasserrechtlichen Genehmigung und der „noch immer erheblichen Sicherheitsmängel“ den radioaktiven Probebetrieb in Neckarwestheim II nicht zu genehmigen. Bereits durch den einmaligen Betrieb werde aus der überflüssigen Betonruine jahrtausendelang strahlender Atommüll. Falls der Betrieb dennoch anlaufe, werde der „atomaren Kettenreaktion“ eine Kettenreaktion von Widerstandsaktionen folgen.Anlaß zu den Vermutungen der vorzeitigen Inbetriebnahme geben der Aktion „Strom ohne Atom“ interne Informationen, die durch den Leiter des Referats Energiepolitik im Wirtschaftsministerium bestätigt worden seien. Danach ergehe im Laufe des Monats August die 4. Teilerrichtungsgenehmigung, mit der erstmals der Reaktorbetrieb aufgenommen werden kann.

Der Schwesterreaktor GKN I laufe nach zwölf Jahren noch immer im „Probebetrieb“. Dies zeige, daß sowohl Betreiber als auch das zuständige Ministerium notfalls auch zum illegalen Betrieb bereit seien.

Die Bedenken gegen das AKW Neckarwestheim II werden auch Thema der Aktionärsversammlung der Neckarwerke sein, die am kommenden Freitag in der Stadthalle Eßlingen stattfindet.

Mit dem AKW Neckarwestheim II wachse der baden -württembergische Atomstromanteil auf 70 Prozent. Dies sei ein trauriger bundesdeutscher Rekord. In der gesamten BRD beträgt der Anteil des Atomstroms 40 Prozent. Angesichts der Überschüsse auf dem Strommarkt sei der Block Neckarwestheim II so überflüssig wie ein Kropf.

Ein bedenklicher Umgang mit der immer knapper werdenden Ressource Trinkwasser zeige der Plan, Schwarzwald -Trinkwasser aus dem Kinzigtal für die Kühlung des AKW zu verwenden.

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