Schritt zu Lösung des Kambodscha-Konflikts

Das vietnamesische Oberkommando zieht sich aus Kambodscha zurück / Vietnam setzt die beteiligten Verhandlungspartner unter Zugzwang / UNO macht Verhandlungsvorschläge / Eine Rückkehr Pol Pots will niemand / Hanoi hofft jetzt auf ausländische Investoren  ■  Von Simone Lenz

Berlin (taz) - Das Oberkommando der in Kambodscha stationierten vietnamesischen Streitkräfte ist am Donnerstag nach Mitteilung militärischer Kreise in Ho-Chi-Minh-Stadt abgezogen worden. Mit der Befehlsübergabe an die Regierung in Pnom Penh hat Vietnam einen wichtigen Teil des bereits eingeleiteten Abzugs von 50.000 Soldaten bis Ende des Jahres erfüllt. Die wirtschaftliche Lage des dringend auf ausländische Investoren angewiesenen und von einer Hungerkatastrophe bedrohten Landes hat den Prozeß seit Anfang Mai beschleunigt. Auf dem Düsseldorfer Treffen der ASEAN- und EG-Außenminister im Mai hatte Genscher noch einmal bekräftigt, daß die westlichen Nationen erst nach einem Truppenabzug mit Dollars und moderner Technik zu Hilfe kommen werden.

Erstmals machte der vietnamesische Generalleutnant Phieu auf einer Pressekonferenz am Donnerstag auch Angaben über die Verluste unter den Truppen seines Landes in Kambodscha. Seit dem Einmarsch der Vietnamesen in Kambodscha gegen Ende des Jahres 1978 sind demnach 25.000 Soldaten gefallen. Vor der Invasion sollen 1977/78 bei den Kämpfen mit Soldaten des später abgesetzten Schreckenregimes der Roten Khmer 30.000 Vietnamesen den Tod gefunden haben. Westlichen Schätzungen zufolge standen zuletzt 120.000 vietnamesische Soldaten 50.000 Guerillas einer Dreierkoalition aus der entmachteten china-freundlichen Regierung und Vertretern des bürgerlichen Lagers gegenüber.

Die Stationierung der vietnamesischen Soldaten in Kambodscha hatte sich bisher als größte Hürde auf dem Weg zu besseren sowjet-chinesischen Beziehungen erwiesen und auch das Verhältnis zwischen den USA und UDSSR belastet. Vietnams Ankündigung, bis spätestens Ende 1990 sämtliche Truppen abzuziehen, setzt jetzt die beteiligten Parteien unter Verhandlungsdruck. Denn es wird befürchtet, die von China unterstützen Roten Khmer Pol Pots, die für den Völkermord in Kambodscha zwischen 1975 und 1979 verantwortlich waren, könnten an die Macht zurückkehren, falls es zu keiner politischen Lösung des Konflikts kommt.

Nach dem Modell des Afghanistan-Konflikts wollen die Vereinten Nationen den Kambodscha-Konflikt lösen. Der UN -Sonderbeauftragte Rafeeuddin Ahmad konferierte am Wochenende mit führenden Vertretern der antivietnamesischen Dreierkoalition unter Vorsitz von Prinz Sihanouk, die von der UNO im Gegensatz zum pro-vietnamesischen Regime in Pnom Penh noch immer als legitime Regierung Kambodschas anerkannt wird. Gestern ist Ahmed in die kambodschanische Hauptstadt gereist, um seine Vorschläge zu unterbreiten.

Bereits Anfang des Jahres waren der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen und Prinz Norodom Sihanouk wiederholt zu Sondierungsgesprächen für eine Lösung der Kambodschafrage in Frankreich zusammengekommen. Welche der beteiligten Parteien bei der nächsten Etappe der Friedensverhandlungen der „Cocktail-Party“ in Jakarta am 25.Juli in Erscheinung treten wird, ist noch unklar. Vorerst will sich Hanoi mit dem kambodschanischen Widerstand nicht an einen Tisch setzen.