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Verkauf der Volksfürsorge geplatzt

DG-Bank lehnt Kauf der gewerkschaftseigenen Versicherung ab / Gescheiterter Verkauf bringt Gewerkschaftsholding in Finanzschwierigkeiten / Rückzahlung des Kredits einer Schweizer Bank gefährdet  ■  Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Der seit langem geplante Verkauf der gewerkschaftseigenen Versicherungsgruppe Volksfürsorge (VoFü) an die Deutsche Genossenschaftsbank (DG-Bank) ist geplatzt. Damit gerät die Gewerkschaftsholding BGAG, die die Liquidierung der Neuen Heimat abwickelt, möglicherweise in akute Finanzierungsschwierigkeiten. Die Gewerkschaften geraten erneut unter Druck, die Schuldenberge aufgrund der NH-Abwicklung möglicherweise aus eigenen Rücklagen abtragen zu müssen.

Die DG-Bank begründete am Donnerstag ihren Rückzieher damit, daß „grundsätzliche Bedingungen bei der VoFü nicht geschaffen wurden“. Sie meint damit die weitreichenden Mitbestimmungrechte und die um rund zehn Prozent über Branchenniveau liegenden Gehälter der etwa 7.000 VoFü -Beschäftigten. Die DG-Bank wollte 75 Prozent der VoFü für 2,25 Mrd. DM übernehmen und mit ihrer R&V-Versicherung zur zweitgrößten deutschen Versicherungsgruppe zusammenschmieden. Sie hatte die BGAG-Führung wiederholt unter Druck gesetzt, die tariflichen Errungenschaften bei der VoFü vor dem Verkauf zu liquidieren. Dies ist bislang am Widerstand der Beschäftigten und der Gewerkschaft HBV gescheitert. Noch im Juni hatte BGAG-Chef Matthöfer den Vorstand der VoFü ultmativ aufgefordert, Verhandlungen mit Betriebsrat und Gewerkschaft über eine tarifliche Absicherung der bisher lediglich durch Betriebsvereinbarung festgelegten Mitbestimmungsrechte abzubrechen. Eine am 14.Juni zwischen HBV und VoFü-Vorstand erzielte Einigung wurde dadurch wieder hinfällig. Am Dienstag dieser Woche hatte die VoFü-Belegschaft auf einer Betriebsversammlung die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat aufgefordert, unter diesen Umständen gegen einen Verkauf an die DG-Bank zu stimmen.

Das Scheitern der Verkaufsverhandlungen wirft die Gewerkschaften bei der Sanierung der Neuen Heimat erneut zurück. Wie knapp die Ressourcen der BGAG zur Finanzierung der Schuldenlöcher aus dem NH-Nachlaß inzwischen sind, zeigte sich bereits im letzten Jahr. Die BGAG hatte für einen Milliarden-Kredit einen Teil des Aktienkapitals der VoFü an den Schweizerischen Bankverein verpfändet. Der Kredit läuft im Herbst aus und soll nur um drei Monate zu verlängern sein. Die Rückzahlung sollte durch den Verkauf der VoFü gewährleistet werden.

Sollte die BGAG jetzt in ernsthafte Schwierigkeiten kommen, steht für die Gewerkschaften viel Geld auf dem Spiel. Allein das Stammkapital der Gewerkschaftsholding ist mit 650 Millionen Mark weit höher als die Aufwendungen der Industriegewerkschaft Metall für den siebenwöchigen Arbeitskampf für die 35-Stunden-Woche im Jahre 1984. Die IG Metall ist mit 24,97 Prozent der größte Gesellschafter der BGAG, gefolgt vom DGB mit 20,47 Prozent, der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie mit 19,4 Prozent. Alle anderen Einzelgewerkschaften halten unter 10 Prozent. Wie das Finanzdilemma der BGAG nun gelöst werden kann, wurde gestern auf einer Aufsichtsratssitzung beraten. Bei Redaktionsschluß war über die Ergebnisse dieser Gespräche noch nichts bekannt. Die BGAG erklärte gestern, nun werde nach anderen Möglichkeiten gesucht. Ins Gespräch dürfte nun wieder die Option des VoFüChefs Werner Schulz kommen, der eine Plazierung der Aktien an der Börse favorisiert. Es wird gemunkelt, daß Schulz nur deswegen bei den Mitbestimmungsverhandlungen mit der HBV so entgegenkommend war, weil er den Verkauf an die DG-Bank verhindern wollte. Matthöfer dagegen braucht offensichtlich sehr schnell sehr viel Geld und favorisiert deshalb nach wie vor einen Verkauf en bloc. siehe Kommentar

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