Paradiddel, Paradiddel - rechts, links, rechts

■ Was unterscheidet den Schlagzeug-Workshop für Frauen von einem Schlagzeug-Workshop?

Meinen ersten Schlagzeuglehrer hätte ich am liebsten schon nach einer Viertelstunde wieder vor die Tür gesetzt. Das ging aber leider nicht. Weil ich mich in seinem muffigen Übungskeller befand, um von ihm in das Handwerk des lärmend -lustvoll pointierten Schlagens und Krachens eingeführt zu werden. Das laute Trommeln auf Kochtopfböden hatte man mir als Kind offenbar nur unzureichend gestattet. Ich war ein Opfer weiblicher Sozialisation. Damit sollte nun Schluß sein. Verteilt über verschiedene Gerätschaften, die mit Tier - oder Plastikfellen bespannt und von hängendem Edelmetall umringt sind, wollte ich mich selbst geräuschvoll zum Klingen bringen. „Na, denn man los“, meinte mein Erster,„immer ran an die Maschine!“ und setzte sich selbst hinter die „Schießbude“. In die gezielten Pausen des Schlagabtausches setzte er seine Fragen. „Haste schon mal Billy Cobham spielen gehört, weeßte, wat der macht?“ Hatte ich und wußte, daß er sein Publikum in Vollendung bedient und nicht nur mit zwei Füßen drei Fußmaschinen bearbeitet, sondern auch mit zwei Sticks in den Händen über eine bombastische Anzahl von Hängetoms, Snares und Becken auf höchst unterschiedene Weise wirbelt. Dann durfte ich Viertelweise auf die Snare und Achtelweise auf's Standtom schlagen und durfte nicht die „Paiste„-Becken betatschen, wenn ich einen krachenden Fehler wieder zum Schweigen bringen wollte. Zum Abschied lag vor mir ein Papier im DIN -A4-Format, dessen oberer Rand mit „paradiddel, paradiddel“ mir nicht ausreichend gefüllt schien. „Das heißt so, weil es so gespielt wird, wie es heißt“, erklärte mir mein Lehrer und wies mich an, rechts, links, rechts rechts - links, rechts, links links von nun an täglich eine Stunde zu üben. Ich verließ ihn und kam zu der Überzeugung: typisch! Technikfixierter Männerkram. Frauen schlagen anders, finden ihren eigenen Rhythmus.

„Oft werden ihnen sogar innovative Kräfte und Fähigkeiten unterstellt“, sprach mir das Programmheft von InFraRot, dem Berliner Frauenrocktreffen, aus dem Herzen. Ich folgte seinem Aufruf, mich dem Frauenschlagzeugworkshop, Anfängerinnen I, anzuschließen.

Es gab mehr erfahrenere Anfängerinnen als ich und mehr Frauen als Schlagzeuge. So erfuhren wir Nähe und Abstand und leider nur in den Pausen die glücklichen Momente, die Kombination von Snare, Bass-drum, Stand- und Hänge-Toms , Crash- und anderen Becken als Einheit „Schlagzeug“ wahrzunehmen: Dann trommelten die Fortgeschritten II professionell. Unsere gemeinsame Lehrerin verstand es jedoch geschickt, sich über unsere einzelnen weiblichen Erfahrungen hinwegzusetzen und zu einem Ganzen zu fügen. Sie teilte ein DIN-A4 großes Blatt aus, das am oberen Rand mit „paradiddel, paradiddel“ nur unzureichend gefüllt war und sagte zu uns: „Das heißt so, weil es so gespielt wird, wie es heißt“. Und dann übten wir alle gemeinsam rechts, links, rechts rechts links, rechts, links links.

Regine Walter-Lehmann