Agonie einer Hoffnung

Zur Räumung des Kubat-Dreiecks  ■ K O M M E N T A R E

An dieser Stadt kann man verzweifeln. Sie lehrt die Unsinnigkeit einer Hoffnung; und dennoch schleicht sie sich immer wieder ein. Die Exekution einer Räumung hätte schon vor Tagen beschrieben werden können, und nur eine unvernünftige Hoffnung hielt davon ab, es zu tun. Recht behalten zu haben, ist keine Genugtuung.

Versuche, politische Lösungen für die Kubat-Besetzung zu finden, hat der Senat nicht gemacht. Aus dem Schöneberger Rathaus wurde diffamiert, wurde eskaliert mit falschen Meldungen, wurde das Gewaltszenario gemalt, das es nun zu entschärfen galt. Der Hinweis auf verborgene Munition auf dem Gelände war geifernde Verlogenheit, getarnt als Fürsorge für die Gesundheit der Besetzer.

Weg damit, so schnell wie möglich, war die Devise der Betonköpfe, die einen Ort nicht ertragen können, der sich ihrem Zugriff entzieht. Eine institutionalisierte Berührungsangst und die Abscheu vor Andersdenkenden wird hier als Politik verkauft. Den Anspruch, gesellschaftliche Verhältnisse und unterschiedliche Bedürfnisse zu gestalten, hat dieser Senat nicht aufgegeben, er hatte diesen Anspruch nie. Seine Politikmaxime ist die Stadt als aufgeräumter Schreibtisch. Probleme werden in dieser Stadt der Schlagworte und der Schlagstöcke nicht gelöst, hier wird gehandelt. Die Räumung treibt die Sprachlosigkeit, treibt den tiefen Riß bis an die Wurzeln der Stadt voran, der nicht erst im letzten Mai mit dem bösen Wort von den „Anti -Berlinern“ begann. Am ehemaligen Potsdamer Platz, dieser immer noch unvernarbten Wunde des Krieges im Herzen Berlins, hätte man einen sensibleren Umgang erwarten können. Aber Hoffnungen sind in dieser Stadt verfehlt.

Gerd Nowakowski