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„Das politische System reformieren“

■ Auszüge aus den Diskussionsbeiträgen Gorbatschows und Boris Jelzins von der Sitzung am Donnerstag

D O K U M E N T A T I O N

:Michail Gorbatschow: „Wir haben einen umfangreichen Prozeß in Gang gesetzt, haben eine radikale Wirtschaftsreform in Angriff genommen, und jetzt bedarf es einer Reform des politischen Systems. (...) Wenn wir nicht das politische System reformieren, bleibt alles, was wir vorhaben, bleiben all die angefangenen großen Dinge stecken. Eben deshalb stimme ich Leonid Abalkin nicht zu, dessen Rede stark nach ökonomischem Determinismus und überhaupt Unterschätzung des Überbaus riecht, den zu reformieren wir uns vorgenommen haben. (...) Die wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten müssen erkannt und genutzt werden. Aber der Sozialismus, sagte Lenin, ist lebendiges Schöpfertum der Massen. Und die Massen können sich dann in alle Entwicklungsprozesse der Gesellschaft einschalten, wenn die Voraussetzungen dafür vorhanden sind - demokratische Mechanismen in allen Bereichen, im politischen, im wirtschaftlichen und im geistigen. Wenn wir das Volk nicht in die Leitungsprozesse einbeziehen, wird kein Apparat (bei uns umfaßt er 18 Millionen Menschen, 40 Milliarden Rubel geben wir jährlich für ihn aus) damit zu Rande kommen. Und er kam tatsächlich nicht zu Rande. (...) Ich war viele Jahre in Exekutivkomitees (dem ausführenden Gremium eines Sowjets, d. Red.) tätig. Daher weiß ich aus eigener Erfahrung, was das ist. Das Exekutivkomitee beraumt die Tagungen an. Die Tagesordnung wird ebenfalls von ihm festgelegt, wobei es ganz unwichtig ist, ob diese oder jene Frage notwendig und dringlich ist. Das Exekutivkomitee wirft sie auf, wann es ihm paßt.“

Boris Jelzin: „Die Konferenz ist in zu großer Eile vorbereitet worden. Die Thesen des ZK sind zu spät veröffentlicht worden. Für die Delegierten kam dies (Gorbatschows Reformvorschlag des Sowjets) so unerwartet, daß hier ein Arbeiter in seiner Rede sagte, er habe das bisher nicht verstanden. Ich als Minister sage: Ich habe es auch nicht verstanden. (...) Die Umgestaltung schreitet bislang mit großer Verzögerung voran. Das heißt, jeder von uns arbeitet und kämpft noch nicht genug für sie. (...) Sie wissen, daß meine Rede auf dem Oktoberplenum des ZK (im November 1987, in Folge dessen Jelzin als Moskauer Parteichef abgesetzt worden ist, d.Red.) auf Beschluß des Plenums als politisch falsch eingestuft wurde. Ich jedoch betrachte als meinen einzigen Fehler, daß ich nicht zur rechten Zeit, nämlich vor dem 70.Jahrestag der Oktoberrevolution aufgetreten bin.

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