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Tiefflug-betr.: Sind moderne Kampfflugzeuge noch beherrschbar?

Sind moderne Kampfflugzeuge noch beherrschbar?

Nach dem Absturz einer F-16 im April dieses Jahres bat Verteidigungsminister Wörner den Oberbefehlshaber der US -Luftwaffe, die Flüge mit diesem Flugzeugtyp einzustellen, falls technische Mängel nicht ausgeschlossen werden könnten. Die damalige Antwort aus dem Hauptquartier in Ramstein lautete: Bisher gebe es keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der F-16. Die F-16 sei der sicherste einstrahlige Düsenjäger „in der Geschichte der US-Luftwaffe“.

Die Abstürze bei Völkersbach und Bodenheim reihen sich ein in die Schreckensbilanz dieses Flugzeugtyps in der jüngsten Vergangenheit: Weselberg, Pleinsfeld, Lebach, Forst und Hermeskeil. Von der Öffentlichkeit kaum registriert stürzte im März noch ein bundesdeutscher Pilot mit einer F-16 in den Golf von Mexiko.

Wenn, wie das US-Hauptquartier meint, die F-16 zuverlässig und sicher sei, dann liegt die Schuld für die Abstürze bei den Piloten. Dies wird durch eine amerikanische Untersuchung bestätigt, nach der 80 Prozent der militärischen Flugzeugabstürze auf „menschliches Versagen“ zurückzuführen sind. Nach Ansicht der organisierten Tiefflug-Gegner ist damit bewiesen, daß moderne Kampfflugzeuge wie F-16 und F-18 von den Piloten kaum mehr beherrscht werden können.

In kürzester Zeit lädt der Pilot beim Hochziehen des Jets oder in Steilkurven das Zehnfache seines Körpergewichts auf sich. Trotz zurückgeneigtem Sitz und einem Spezial-Anzug ist sein Herz nicht mehr in der Lage, genügend sauerstoffgesättigtes Blut zu den Augen und zum Gehirn zu pumpen. Der Blutdruck in Augenhöhe sackt auf Null, es folgt nach Greyout (alles grau sehen), Tunnel vision (Sehfeldeinengung) und Black-out (alles schwarz vor Augen bei vorhandenem Bewußtsein) die totale Bewußtlosigkeit, die bis zu 30 Sekunden andauern kann. Bei älteren Flugzeugtypen wurden die Beschleunigungskräfte langsam aufgebaut, so daß der Pilot Zeit hatte, auf die Warnsymptome zu reagieren.

Die modernen und wendigen Flugzeuge wie die F-16 erreichen die hohen positiven g-Belastungen jedoch viel schneller und überfordern den menschlichen Warnmechanismus. So kommt es zu schlagartiger Bewußtlosigkeit und der Jet rast mit etwa 850 km/h unkontrolliert über unsere Köpfe. Bei einer 30 sekundigen Bewußtlosigkeit des Piloten legt er dabei ungefähr sieben Kilometer zurück.

Nach Meinung der Initiativen gegen militärische Tiefflüge ist es unverantwortlich, weiterhin Übungen mit Waffensystemen durchzuführen, die von Menschen kaum mehr beherrschbar sind und eine tagtägliche Gefahr für die hier lebende Bevölkerung darstellen.

W. May, Bürgerinitiative gegen Tieffluglärm e.V., Biebelnheim

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