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Streik bei VW-Mexiko überraschend beendet

Schon am vierten Tag nach Streikbeginn geben sich die Arbeiter von „VW de Mexico“ mit 25 % Lohnerhöhung zufrieden / Management hatte bereits das Arbeitsgericht angerufen / Ausstand angeblich illegal / VW will 1.800 Arbeitsplätze in Puebla abbauen  ■  Aus Mexiko-Stadt Lilia Rubio

Der Streik der 9.600 Arbeiter im mexikanischen Tochterunternehmen von VW ist beendet. Die Gewerkschaft gab sich mit einer Lohnsteigerung von 25 Prozent zufrieden. In ungewöhnlich scharfer Weise hatte das das VW-Management auf den Streik, der am 30.Juni begonnen hatte, reagiert. Bereits einen Tag später - mit einer bisher noch nie gekannten Eile

-ersuchte das Unternehmen das Arbeitsgericht, den Streik für illegal zu erklären. Argument der Firmenleitung: Die Arbeiter hätten nicht alle rechtlichen Schritte korrekt eingehalten, um den Streik zu erklären.

„Das sagt die Firma immer, aber wir kennen das Arbeitsgesetz sehr gut. Unser Streik wurde ganz gesetzlich begonnen“, meint Rodolfo Contreras dazu, Generalsekretär der VW-Gewerkschaft.

Der Rechtsverteidiger der Arbeiter, Carlos Fernandez del Real, ist überrascht, daß die Behörden diesen Streik so schnell beenden wollen - im vergangenen Jahr dauerte ein Ausstand bei VW schließlich 58 Tage. Seiner Meinung nach ist der Grund dafür die Präsidentenwahl vom 6.Juli. „Die Regierung will an diesem Tag ein sauberes Haus haben“, so der Anwalt.

Vor Beginn des Arbeitskonflikts hatte die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 60 Prozent verlangt, schraubte aber nach dreiwöchigen Verhandlungen mit der Firmenleitung hinter verschlossenen Türen ihre Forderung auf 48 Prozent herunter. In Mexiko hatte 1987 die Inflationsrate 140 Prozent betragen.

Der Leiter für Arbeiterangelegenheiten bei VW, Francisco Bada, gab bekannt, die Firma könne nur eine 25prozentige Lohnerhöhung genehmigen, da sie in schweren wirtschaftlichen Problemen stecke.

Anfang Juni hatte VW-Direktor Josephi nach einem Aufenthalt in Wolfsburg verkündet, im Werk Puebla sollten rund 1.800 Arbeitsplätze abgebaut werden. Hintergrund dieser Ankündigung ist die Entscheidung der Wolfsburger VW -Zentrale, die Produktion aus dem jetzt stillgelegten US -Werk in Westmoreland nicht wie erwartet nach Puebla zu verlegen bzw. vorgenommene Verlagerungen rückgängig zu machen.

„Das Unternehmen sagt uns immer, es stecke in einer schwierigen Finanzlage, doch das kann nicht sein, denn wir erzeugen an die 300 Autos pro Tag und Tausende Teile wie Achsen und Motoren für den Export“, wundert sich der Generalsekretär der VW-Gewerkschaft. Der Gewerkschaftsführer gab an, daß nur etwa 100 Arbeiter zwölf Dollar täglich verdienen, während der Großteil nur die Hälfte davon bekommt, obwohl einige mehr als 15 Jahre bei VW de Mexico arbeiten.

Sollten die Behörden den Streik wirklich für illegal erklären, so würde die Gewerkschaft eine Art Habeas Corpus einlegen, ein kompliziertes Rechtsmittel, das die Verhandlungen für alle Teile sehr mühselig gestalten würde.

Ein pikantes Detail am Rande: Gegenwärtig besucht eine Delegation der Gewerkschaft des Mutterhauses das mexikanische VW-Werk. Befragt über ihre Meinung zum Arbeitskonflikt ihrer mexikanischen Kollegen meinten die deutschen Gewerkschafter, keine öffentliche Erklärung abgeben zu wollen, da sie ihre Meinung direkt den streikenden Arbeitern mitteilen wollten.

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