Gereizte Stimmung in der CDU nach JU-Rücktrittsforderung für Kohl

Berlin (taz/ap) - Die Rücktrittsforderung gegenüber Bundeskanzler Kohl, die an diesem Wochenende die Junge Union in Baden-Württemberg in einer Resolution erhob, traf auf gereizte Reaktionen.

Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Christoph Böhr, bewertete die Forderung als „absurd und abwegig“. „So ärgerlich und unzumutbar die geplante Steuerbefreiung für Flugbenzin ist, rechtfertigt sie nicht eine solche Rücktrittsforderung“. Er meinte, die „Flugbenzin-Panne müssen die Bayern reparieren“.

Kanzler Kohl konzedierte zwar, die Regierung sei in einer „schwierigen Periode“ und betonte die Gefahr, daß „wir am Ende der Legislaturperiode unsere Aufgabe verfehlen“, wenn man in der CDU weiterhin „nach Interessengruppen gehe“. Den „jungen Freunden“ in Baden-Württemberg empfahl er jedoch, sich die „Weltpresse am Mittwoch“ nach dem EG- Gipfel in Hannover anzuschauen. Diesen Schritt zur europäischen Einheit, für den die Bundesregierung gelobt worden sei, habe er doch nicht für sich getan, sondern für die, die am Samstag seinen Rücktritt gefordert hätten. Günther Oettinger, Vorsitzender der Jungen Union Baden-Württembergs, erklärte, man hätte mit der Rücktrittsforderung und der Kritik an der Bundesregierung positive Resonanz bei der Basis gehabt. Es gehe allerdings nicht allein um den Rücktritt, sondern vor allem um einen tiefgreifenden Neuanfang. Deswegen sei diese Forderung auch grundsätzlich nicht an andere Personalvorstellungen gebunden.

Gefordert werden vielmehr „gläserne Verhältnisse“ für die Regierungpolitik, mehr Demokratie und mehr Einfluß für Partei und Fraktion auf diese Politik. Unerträglich sei, daß die wichtigsten Entscheidungen in „Elefantenrunden“ der Koalitionspartner ausgehandelt würden, ganz abgesehen von dem direkten Durchgriff von Strauß. Man habe aber mit der Rücktrittsforderung bewußt „ein Tabu durchbrechen“, „ein Warnsignal“ geben wollen. Im übrigen erklärte er zur Forderung von Kohl: die Weltpresse vom Mittwoch habe man gelesen; Kohl sei aber gut beraten, „wenn er die Inlandspresse lese.“

KH