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Berliner Wasser: Alles Asbest!

■ Berliner Trinkwasser fließt zum Teil durch Asbest-Rohre / Einen Einbaustopp lehnt der Senat ab

Während der Senat viel Geld ausgibt, um Asbest aus Schulen und anderen Gebäuden zu entfernen, sorgen die Berliner Wasser-Betriebe für die potentiellen Altlasten von Morgen. Auch in Zukunft wollen sie in ihrem Trinkwassernetz Rohre aus Asbestzement verlegen. „Bislang“ sei eine Krebsgefahr durch die Rohre „nicht erwiesen“, beruhigte Gesundheitssenator Fink (CDU) die AL-Abgeordnete Nitz-Spatz, die den Senat nach „Gefahren durch Asbestrohre“ befragte. Etwa acht Prozent der Berliner Trinkwasserdruckrohre bestehen aus Asbestzement, insgesamt 389 Kilometer. Jedes Jahr werden es mehr: zwischen 2.500 und 700 Metern werden jährlich verlegt. Dabei werde es auch bleiben, versichert der Senat.

Die Asbestzement-Rohre seien nämlich, so erklärt eine Sprecherin der Wasser-Betriebe, billiger als Stahl oder Gußeisen. „Vor allem in den Außenbezirken“, wo die „Bruchgefahr“ geringer ist als in der vibrierenden Innenstadt, wollen die Wasser-Betriebe beim Asbestzement bleiben.

Einen „sofortigen Einbaustopp“ hat dagegen jetzt die AL gefordert. Sie verweist auf eine Studie, die 1980 in San Francisco erstellt wurde. US-Forscher wiesen hier für Wohngebiete mit Asbestzementrohren ein erhöhtes Krebsrisiko für Magen und Darm nach. Auch westdeutsche Experten ziehen daraus den Schluß, es gebe eine „schwache Korrelation“ zwischen Asbestrohren und Krebsgefahr. Für Fink jedoch ist eine Gefahr beim Schlucken von Asbest nicht erwiesen. Gefährlich sei Asbest nur beim Einatmen der Fasern. Auch das Bundesgesundheitsamt (BGA) sei dieser Meinung, erklärte Fink. Das brachte die AL erst recht auf die Palme. Sie erinnerte an die „Verquickung“ des BGA mit Asbest-Firmen.

Wie berichtet, bezuschussen diese Firmen über einen Förderverein die Arbeit der Asbest-Forscher des BGA. Asbest -Staub kann von den Rohren jedoch auch in die Luft gelangen, bestätigte der Senat: dann wenn die Rohre verlegt werden und auch dann, wenn sie „ausgebaut und dabei“, so Original-Ton Fink, „zertrümmert (Bagger, Raupe) werden“. Die Faserkonzentrationen, mit denen hier Arbeiter und Anwohner belastet würden, lägen jedoch unter den Grenzwerten. Auch im Berliner Trinkwasser seien keine „gesundheitsgefährdenden“ Konzentrationen festgestellt worden, versichert Peter Kurth, Sprecher von Senator Fink. Genauere Zahlen konnte er jedoch nicht angeben. Das „harte“, kalkhaltige Wasser in Berlin verhindert nach Senats-Meinung, daß sich Fasern von den Asbest-Rohren lösen. Der AL-Umweltexperte Schwilling zeigt dagegen nach Westdeutschland. Dort wurden in Asbest -Wasserrohren bis zu eine Million Fasern pro Liter entdeckt. Nach Schwillings Ansicht kann das Kalk im Wasser und sein ph -Wert keinesfalls verhindern, daß Asbestfasern vom Wasser mitgerissen werden.

hmt

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