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Proteste in Eriwan erneut aufgeflammt

■ Armenier wollten Militärmaschinen behindern Gerüchte über Tod von Demonstranten

Moskau (afp/ap/taz) - Sowjetische Truppen haben am Dienstag die Blockade des Flughafens der armenischen Hauptstadt Eriwan mit Gewalt gesprengt. Ungefähr 500 Demonstranten hatten Teile des Flughafens besetzt, um die Landung von Militärmaschinen zu verhindern, die Fallschirmspringer, Panzer und andere Waffen in das umstrittene Gebiet lieferten. Weitere 1.500 Menschen demonstrierten außerhalb des Flughafengebäudes. Bei der Räumung wurden nach Angaben Moskauer Bürgerrechtsgruppen 150, nach offiziellen Informationen 50 Menschen verletzt. Gerüchte über den Tod mehrerer Demonstranten wurden dementiert. In den vergangenen fünf Monaten der Auseinandersetzungen sei derartiges noch nicht vorgefallen, kommentierte der Sprecher des armenischen Außenministeriums.

Hintergrund der Proteste ist die Forderung der Mehrheit der armenischen Bevölkerung, das zur angrenzenden Sowjetrepublik Aserbeidschan gehörende autonome Gebiet Berg-Karabach in die Armenische Sowjetrepublik einzugliedern. Die Armenier aktivierten ihre Proteste, nachdem die armenischen Delegierten von der letzten Freitag beendeten Allunionskonferenz aus Moskau zurückkehrt waren, ohne daß sie dort eine Antwort auf ihre Forderungen nach Eingliederung von Berg-Karabach erhalten hatten. Die autonome Region Berg-Karabach, aber auch Eriwan, sollen inzwischen von Luftlandetruppen und Soldaten des sowjetischen Innenministeriums besetzt sein.

Seit Sonntag finden deshalb vor dem Opernplatz in Eriwan Massenkundgebungen statt, der Montag ausgerufene Generalstreik soll mittlerweile auch auf andere Städte übergegriffen haben. Die Demonstranten forderen nach Ansicht des Moskauer Fortsetzung auf Seite 2

Bürgerrechtlers Sergej Grigorjans den sofortigen Truppenabzug. Der Referent des armenischen Außenministers, Wartanjan, erklärte dagegen, die Betriebe in Eriwan würden nur noch teilweise bestreikt. Es würde auch nicht demonstriert.

Dienstag mittag hatte sich ein Zug von mehreren tausend Demonstranten vom Opernplatz zum Flughafen in Bewegung gesetzt, so ein 'Prawda'-Bericht, um die Demonstranten zu unterstützen, die seit dem Vortag das Flughafengebäude besetzt hielten und den Flugverkehr lahmlegten. Die Soldaten der „Streitkräfte des Inneren“, Rekruten aus allen Gegenden der Sowjetunion, seien erst nach einstündigen unfruchtbaren Verhandlungen eingeschritten, um das Gebäude zu räumen, betonte am Mittwoch in Moskau der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Wadim Perfiliew. Auf dem Flughafen fanden seit Montag Sit-Ins statt, die den Verkehr völlig lahmlegten. In Eriwan gehen Gerüchte um, denen zufolge bei den Zusammenstößen am Flughafen ein junger Mann durch einen Genickschuß getötet und ein anderer schwer verletzt worden sei. Ein Verantwortlicher des armenischen Innenministeriums bestätigte indirekt diese Angaben: er sagte, die Zahl der Toten liege „unter drei“. Außenamtssprecher Perfiliew bestritt hingegen, daß bei den Unruhen in Eriwan jemand umgekommen sei. Er gab zu, daß am gleichen Tag in Massis in Südarmenien ein Arbeiter im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen sei.

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