: Ende der Schonzeit für Schwarzfahrer
■ BVG will jetzt Schwarzfahrer wieder zur Kasse bitten / Gut zwei Monate nach der Tarifumstellung immer noch keine Zahlen über Fahrgastentwicklung
Die uniformierten oder zivilen Kontrollettis der BVG, die sich in den Wochen nach der am 1.Mai gestarteten Tarifreform in der Regel darauf beschränkten, Leute ohne Fahrausweis mehr oder weniger freundlich über die neuen Regelungen zu belehren, werden von jetzt an Schwarzfahrer wieder „greifen“ und zur Kasse bitten. Dies kündigte gestern BVG-Direktor Harro Sachße an. Zwar rechne man nicht mit einer großen Zahl von „Fahrgeldhinterziehern“, denke aber an „Einzelgruppierungen“, bei denen sicher die „sportliche Einstellung“ eine große Rolle spiele.
Wegen der noch ausstehenden Verkehrszählungen konnten anläßlich einer Zwischenbilanz nach der Umstellung weder die BVG noch Verkehrssenator Wronski darüber Angaben machen, ob die Tarifreform nun insgesamt einen Zuwachs an Fahrgästen gebracht hat oder Autofahrer zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel bewegt worden sind. Fest steht nach entsprechenden Zählungen nur, daß etwa zwei Prozent mehr mit dem Bus fahren. Das wären im Jahr zehn Millionen „Unternehmensbeförderungsfälle“ mehr.
Durch den vermehrten Verkauf von Zeitkarten gelang es nach den BVG-Erhebungen tatsächlich, die in der Vergangenheit ständig gesunkene Zahl der Stammkunden zu erhöhen. Von Mai/Juni letzten Jahres bis zum diesjährigen Vergleichszeitraum kletterte die Gesamtzahl der verkauften Zeitkarten und Wertmarken für „Jedermann“ von rund 266.000 auf etwa 276.000, also um 10.000. Bis jetzt gibt es auch schon mehr als 40.000 Abonnenten von Jahreskarten.
Dem steht der geringe Verkauf der sogenannten „Kleinen“ Karten für eins der fünf neu eingeführten Tarifzonengebiete gegenüber. Anfang des Monats gab es nur rund 2.000 Abonnenten dieser Karten. „Viele machen gleich den Sprung zum Superticket“, erklärte Sachße das. Unternehmensberatungsgesellschaften hatten vorab einen über 50-prozentigen „Verkehrsbedarf“ innerhalb einer örtlich begrenzten Stadtregion prognostiziert, waren dabei aber von dem zunächst vorgesehenen höheren Preis von 95 DM ausgegangen. Mau sieht desgleichen der Anteil der Kurzstreckenfahrer am Bartarif aus: Er beträgt bei den Einzelfahrscheinen rund 19 und bei den Sammelkarten 12 Prozent.
Thomas Knauf
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