: „Arrogante Reaktion“ von Scholz
Rheinland-Pfälzischer Wirtschaftsminister Brüderle (FDP) ruft Hardthöhe zur Mitarbeit gegen Tiefflüge auf ■ I N T E R V I E W
Erstmals hat in Rheinland-Pfalz ein Landtag einstimmig die sofortige Einstellung von „Luftkampfübungen über Wohnsiedlungen“ und aller Tiefflüge unterhalb von 300 Metern verlangt. Verteidigungsminister Scholz wies den Beschluß zurück und rügte „mangelnde Sachkompetenz“. Wir sprachen mit dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsminister Brüderle.
taz: Glückwunsch der taz zur großen Koalition gegen die Tiefflüge. Warum kam es zu diesem Zeitpunkt zur gemeinsamen Forderung des Tiefflugverbots?
Brüderle: Die Tiefflüge sind seit langem ein Problem. Rheinland-Pfalz ist hier besonders betroffen, weil wir die Region mit der größten militärischen Dichte in der Bundesrepublik sind. Die Akzeptanz der Bevölkerung geht immer weiter zurück, und unmittelbarer Anlaß für diesen Beschluß war jetzt das letzte schwere Unglück, der Absturz von drei F 16 (zwei Maschinen waren in der Nähe von Wohngebieten nahe Mainz verunglückt - die Red.).
Was sagen Sie zu der arroganten Reaktion, mit der Verteidigungsminister Scholz auf den Beschluß reagiert hat?
Die Haltung des Verteidigungsministers war in der Tat linkisch-arrogant. Sie ist nur damit zu erklären, daß der Minister die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz einfach nicht kennt. Wir haben deshalb vorgesehen, ihn einmal zu einem militärischen Lärm-Nachmittag hierher einzuladen, damit er sich selbst ein Bild machen kann. Diese Dinge kann man nicht vom grünen Tisch her einfach wegwischen. Wir hatten mit einer anderen Reaktion gerechnet und zumindest erwartet, daß der Minister mit uns gemeinsam die Problematik bespricht.
Wollen Sie es notfalls auf einen Konflikt mit Scholz ankommen lassen?
Wir wollen zunächst das Gespräch suchen. Wir werden außerdem über den Bundesrat eine Initiative gegen die Tiefflüge starten und versuchen, unseren Beschluß politisch umzusetzen. Wir erwarten, daß der Verteidigungsminister bei der Lösung dieser Frage mitarbeitet und sich hier nicht stur stellt.
Könnte Scholz dadurch umzustimmen sein, daß der Beschluß aus Rheinland-Pfalz eine Lawine auslöst und andere Bundesländer Schützenhilfe geben?
Wir rechnen durchaus damit, daß aus anderen Bundesländern Unterstützung kommt. Es sind ja alle Länder betroffen, und aus Baden-Württemberg kamen ja auch schon Signale.
Wird ihre Landesregierung notfalls auch juristische Schritte einleiten?
Dafür gibt es keine Handhabe. Dies ist außerdem kein juristisches, sondern ein politisches Problem.
Interview: Manfred Kriener
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