: Texaco-PR-Kampagne für Öl im Watt
Texaco RWE-Sprecher bestätigt: Werbe-Agenturen wurden beauftragt, um die Akzeptanz der Bohrinsel Mittelplate zu fördern / Werbeagentur brüstet sich mit intimen Kenntnissen der Anti-WAA-Szene ■ Von Ursel Sieber
Berlin (taz) - Was tun Firmen, wenn technologische Großprojekte wie die Ölförderung im Wattenmeer in der Bevölkerung auf immer weniger Gegenliebe stößt? Sie beauftragen Werbeagenturen, um das ramponierte Image etwas aufzupolieren. Der grünen Abgeordneten Bärbel Rust und dem Ex-Abgeordneten Jo Müller sind „aus der oberen Führungsetage“ von Texaco Papiere der Bremer Werbeagentur Wächter zugespielt worden, an deren Echtheit Jo Müller keinen Zweifel hat. Die Agentur Wächter entwickelt darin für die Firma Texaco (heute RWE) ein Konzept, mit dem die „Aktzeptanz“ der Bohrinsel Mittelplate (im Watt, nördlich von Cuxhafen) gefördert werden soll.
Ein Sprecher der Texaco, Schmidt, hat bestätigt, daß Texaco im vergangenen Jahr verschiedene Angebote von Werbe -Agenturen eingeholt habe. Man habe jedoch davon abgesehen, der Agentur Wächter den Auftrag zu erteilen. Ob und an welche Angentur ein Auftrag vergeben wurde, wollte Schmidt jedoch nicht sagen. Zur Ökologiebewegung schreibt die Agentur: „Die Problematik der Kernenergie“ reiche nicht aus, um „die große Widerstandsbewegung zu beschäftigen“. Wackersdorf sei „weit weg„; der „Norden braucht deshalb ein neues Aufgabenfeld, wo sich seine Kämpfer bewähren können“. Als lohnendes Ziel biete sich für die Ökologie-Bewegung derzeit die Nordsee an, auch deshalb, weil die Texaco ein amerikanisches Unternehmen sei.
Dann empfiehlt Wächter, die Bohrinsel als „Wunderquelle“ hinzustellen und deutlich zu machen, „daß der einzelne Bürger von der Insel mehr hat, als er durch die Gefährdung bezüglich des Wattenmeeres verlieren könnte“. Die Ölförderanlage müsse einen sympathischen Namen bekommen, z.B. „Delphin“. Ferner sollte die Bohrinsel „so schnell als möglich mit einem Doppelschutzring aus Schläuchen (in auffallenden Farben) versehen werden, die für den sehr unwahrscheinlichen Fall eines Ölausbruchs einen Schutzwall bilden, der die Ausbreitung des Öls ins Watt, an die Strände und in die Norsee verhindert“. Vorgeschlagen werden verschiedene PR-Maßnahmen wie Namens-Wettbewerbe für Schüler, Anzeigen und Vorträge über das Watt und die Bohrtechnik, mit dem Ziel, „falsches Gewissen“ zurechtzurücken. Angeregt wird auch „der Aufbau einer Info -Datei“, um die Absichten der Gegner zu beobachten und auszuwerten. Gleichzeitig müsse eine „Motivstudie“ erstellt werden, wobei in Klammern auf die „Aktion Brokdorf“ verwiesen wird. „Wir wissen“, sagte dazu Jo Müller, „daß Wächter die public relation in der Umgebung von Brokdorf gemacht hat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen