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850.000 Einwände erörtern

■ Der Bremer Physiker Gerald Kirchner als Sachverständiger gegen die WAA

taz: Du fährst heute nach Wackersdorf, wo die 850.000 Einwender gegen die zweite Teilerrichtungsgenehmigung der WAA gehört werden sollen. Gibt es eine ganze Gruppe aus Bremen?

Gerald Kirchner: Es gibt von der BBA zwischen zehn und 20 Personen, die schon am Samstag losgefahren sind und so lange wie möglich teilnehmen wollen. Die BBA hat geplant, sich dort abzuwechseln, weil damit zu rechnen ist, daß der Termin sich über Wochen hinziehen wird.

Du hast dort einen besonderen Status, Du bist als Sachverständiger geladen...

Ich bin von der Bürgerinitiative und von der Stadt Salzburg beauftragt, ihre Interessen und Einsprüche gegen die WAA zu vertreten.

Das heißt, Du mußt den Stuhl bis zum bitteren Ende drücken?

Ja.

Der Bürgermeister von Neuenburg rechnet mit 10.000 WAA -Gegnern an den ersten Tagen, die können doch dort nicht alle was sagen. In welcher Form wird das ablaufen?

Im Prinzip ist es so, daß das Ministerium allen 850.000 Personen, die Einspruch eingelegt haben, Möglichkeit geben muß, ihre Bedenken mündlich vortragen und erläutern zu können. Wie das organisatorisch gemacht werden soll, das ist uns allen ein Rätsel. Der Saal, in dem die Erörterung stattfinden soll, faßt 1.200 Personen.

Vor einigen Wochen ist in Gorleben eine Anhörung geplatzt, weil die Einwender sich von der Organisation des Termins verarscht vorkamen.

Vor viereinhalb Jahren gab es auch für die erste WAA -Teilgenehmigung eine Erörterung. Dort sind die Bürgerinitiativen nach drei Tagen ausgezogen, damals einfach, weil die DWK als antragstellende Firma keine vernünftigen Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte. Das haben alle verstanden. Der Auszug hat damals dem Widerstand in der Region sehr viel Auftrieb gegeben.

Ich glaube aber, daß diesmal die Situation anders ist. International, vor allem aus Österreich, haben sich so viele Personen angesagt, und durch die bisherigen Verfahren und Prozesse ist soviel an Unterlagen da, wie hier Genehmigungsbehörde, Gutachter und antragstellende Firmen an einem Strang ziehen, gegen die Bevölkerung zusammenspielen, daß das Interesse und die Möglichkeiten größer sein werden, dies alles konzentriert an einem Punkt auf den Tisch zu bringen.

Daß Wackersdorf durch den Erörterungstermin formell gekippt wird, ist ja nicht zu erwarten. Worin siehst Du den Haupteffekt?

Ich sehe primär den politischen Effekt. 850.000 Einsprüche hat es noch nie gegeben, das ist schon ein politischer Wert an sich. Was ich weiterhin für sehr wichtig halte, das ist der Protest der Österreicher. Und für die Bürgerinitiativen, die seit fünf Jahren in den Auseinandersetzungen stehen, ist es ganz wichtig, daß möglichst viele Menschen kommen und damit zeigen, welchen Stellenwert sie und ihr Widerstand haben. Was die juristischen Aspekte angeht, ist dieser Erörterungstermin uninteressant.

Fragen: Dirk Asendorpf

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