: Chaos beim WAA-Termin eingeplant
Selbst die Polizei erwartet heute bis zu 10.000 Einwender in Neunburg / Nur 3.300 Plätze in Zelt und Halle / Bayerisches Kultusministerium verweigert Lehrern und Schülern eine Unterrichtsbefreiung für die Teilnahme ■ Von Bernd Siegler
Bis zu 10.000 WAA-Gegner erwartet selbst der Polizeipräsident von Niederbayern und Oberpfalz, Wilhelm Fenzl, am ersten Tag des Erörterungstermins in Neunburg. Demgegenüber stehen in Neunburg, das direkt in der Abluftfahne der Atomfabrik liegen wird und daher als Kommune Einwendungen gegen die WAA erhoben hat, in der Stadthalle nur 1.500 und im Zelt 1.800 Plätze zur Verfügung. Insgesamt liegen dem Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen als zuständiger Genehmigungsbehörde aber rund 335.000 Einwendungsschreiben vor, auf denen circa 880.000 Personen Einwendungen gegen die WAA erhoben haben. 600 Polizeibeamte sollen, so Fenzl, in Neunburg und am WAA-Bauzaun für „Sicherheit und Ordnung“ sorgen.
Zwei private Sicherheitsunternehmen wurden eigens für die Anhörungsräume engagiert. Die Zufahrtswege zum WAA-Gelände werden heute großräumig abgesperrt. Das Bayerische Kultusministerium will Lehrern und Schülern, die Einwendungen gegen den Sicherheitsbericht der WAA erhoben haben, für die Teilnahme am Erörterungstermin keine Unterrichtsbefreiung gewähren. Eine entsprechende Anweisung erging an alle bayerischen Schulämter. Noch im Juni hatte selbst die CSU-Fraktion im Landtag bestätigt, daß Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes, die Einwendungen erhoben haben, an der Erörterung ungehindert teilnehmen könnten bzw. Anrecht auf Urlaub hätten.
Jetzt stellt sich das Kultusministerium, so Pressesprecher Peter Maicher, auf den Standpunkt, daß Lehrer und Schüler nur in der unterrichtsfreien Zeit, also nachmittags oder während der Ferien ab 20.Juli, den Erörterungstermin wahrnehmen können. Nach der Lehrerdienstordnung würde eine Dienstbefreiung „nur in unabweisbaren Fällen erfolgen“, dies sei jedoch hier nicht der Fall. Laut Kultusminister Zehetmair „erwarten die Eltern, daß an den Schulen kein Unterricht ausfällt“.
Da es sich das Umweltministerium als Veranstalter vorbehält, die Reihenfolge der Themen der zu behandelnden Einwendungen und deren jeweiliges Erörterungsende zu bestimmen, kann es für viele Lehrer und Schüler in der Ferienzeit schon zu spät sein, ihren themenspezifischen Einspruch noch begründen zu wollen. Die SPD will jetzt per Dringlichkeitsantrag im Landtag die Anweisung des Kultusministeriums rückgängig machen. Es gehe hier schließlich um „selbstverständliche Bürgerrechte“.
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