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Hilfe, die Russen gehen!

■ Auf die US-Geheimdienste gestützt, behauptet das amerikanische Außenministerium: Moskau will seine Truppen aus Ungarn abziehen / Indirekte Bestätigung aus Budapest: „In absehbarer Zukunft“ könnten die Truppen des Bruderlandes abziehen / Weiterhin harte Linie für Prag

Washington/Budapest (dpa/afp) - Welturaufführung einer neuen Kooperationsform zwischen den Blöcken: Ein Staat des Warschauer Paktes bestätigt indirekt amerikanische Geheimdienst-news über das eigene Land. Und: Die Nachrichten aus Washington besagen, daß Ungarn bald ohne die schützende Macht von 65.000 sowjetischen Soldaten dastehen könnte.

Die offizielle Erklärung über die Geheimdiensterkenntnisse kam Freitag abend aus dem State-Department. Es gebe verstärkte Hinweise auf den geplanten Truppenabzug, hieß es da, und: Man würde das begrüßen. Allerdings so die amerikanische Erklärung weiter, ändere ein solcher einseitiger Rückzug nichts am „deutlichen Ungleichgewicht in der konventionellen Rüstung zugunsten des Warschauer Pakts“. Beobachter vermuten in der einmaligen Informationsaktion einen Versuch der gebeutelten Reagan-Regierung, einem weiteren Propaganda-Erfolg Moskaus den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In Ungarn stieß die Nachricht auf lebhafte Reaktionen. Der Bericht der 'New York Times‘ über die Geheimdienst-Infos wurde vollständig im Radio verlesen, als Grundlage für eine Hörerdiskussion.

Das für Außenpolitik zuständige Mitglied der ungarischen KP -Führung, Geza Kotai, hatte bereits am Freitag abend Vermutungen über den schon bekannten Plan der UdSSR angestellt, alle Truppen aus den osteuropäischen Ländern abzuziehen: „Es scheint nicht ausgeschlossen, daß uns dieser Plan in absehbarer Zukunft betrifft.“ Und Ungarns Verteidigungsminister Ferenc Karpati sagte gestern im Radio, daß „Ungarn unter den ersten Ländern sein möchte, aus denen ausländische Truppen abgezogen werden“.

Diese Hoffnung dürften die Bürger der CSSR nicht haben: Vor der Presse in Prag sagte der sowjetische Regierungschef Ryschkow am Samstag sichtlich wütend, Moskau denke nicht daran, seine seit dem August '68 dort stationierten Truppen abzuziehen. Tagesthema auf Seite 3

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