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Teerhof: Für Kultur „Bildchen gemalt“

■ Die Bauarbeiten beginnen mit einem völligem „Auskoffern“ der Weserinsel / Architektur-Pläne für Wohnbebauung seit gestern bei Teerhof GmbH / Über Kulturzentrum allerdings „nicht im Bilde“

Der Mann im Blaumann ahnte gestern schon, wie 1992 alles ausgehen wird: Mit ein paar „schicken Luxuswohnungen mit Weserblick“ im Herzen der City: „Das wird was für die Reichen, wo der kleine Mann wieder auf der Strecke bleibt.“

Der Mann kann sich solche

prophetischen Abfälligkeiten über die Bebauung des Teerhofs leisten. Er arbeitet für die Bremer Stadtwerke und hat auf dem Teerhof-Gelände nur die Wasserleitungen von der Straßenmitte ans Weserufer verlegt.

Ein paar hundert Meter weiter hatte die Teerhof GmbH abhän

gige Beschäftigte ein fernsehbild-wirksames Baggerloch buddeln und einen 38-Tonner mit der ersten Fuhre Teerhof -Schutt beladen lassen: Offizieller Baubeginn auf dem Teerhof-Gelände. 2.999 weitere LKW-Pendelfahrten zwischen Weserinsel und Bauschuttdeponie für insgesamt 60.000 Kubikmeter Teerhof-Boden sollen in den nächsten Monaten folgen, ehe in der „ausgekofferten“ Insel die Arbeiten für die Tiefgarage beginnen können.

Zum Schutz von Baukolonnen und Baggerführern vor den im Bauschutt erwarteten Blindgängern immer dabei: Zwei Gehilfen von Sprengmeister Harry Warrelmann.

Wenn alles gut und nichts hoch geht, wird auf der Tiefgarage Anfang nächsten Jahres der Grundstein für rund 180 Eigentumswohnungen gelegt. Wie sie ausse

hen werden, weiß so ganz genau angeblich noch niemand. Teerhof GmbH-Geschäftsführer Zimmermann verspricht offiziell bloß „liebevolle, bremen-gerechte Detail-Planungen“ der sechs beauftragten Architektengruppen. Inoffiziell war zu erfahren, daß schon gestern die ersten Gestaltungsentwürfe bei der Baugesellschaft eingegangen sind. Noch in dieser Woche trifft sich der von Vertretern der Stadt und der Teerhof GmbH paritätisch besetzte „Gestaltungsbeirat“, der die Architekten-Pläne sichten und auf „gelungene Einbindung in das städtische Gesamtbild“ achten soll.

Völlig in der Luft hängen derweil die Pläne für das „kulturelle Drittel“ des Teerhofs - inzwischen zu einem „multifunktionellen Veranstaltungszentrum“ neben der Tiefgaragenzufahrt ge

schrumpft. „Da sind wir überhaupt nicht im Bilde,“ verweist Teerhof-GmbH-Geschäftsführer Zimmermann leicht säuerlich auf die Zuständigkeit von Kultursenator Franke.

In dessen Behörde gibt man sich in Urlaubsabwesenheit des Senators gelassen: Bis 1992 sei schließlich noch viel Zeit, einen Träger für das Kulturzentrum zu finden und sich Gedanken über die Zusammensetzung des angekündigten „Nutzungs-Beirats“ zu machen. Und für die architektonische Gestaltung des „Kulturforums“ sei schließlich das Bauressort zuständig. Auch dort scheint man die Angelegenheit für wenig dringlich zu halten. Senatsdirektor und Mitglied im Architektur-Beirat, Dr. Hans-Otto Schulte: „Wir haben hier schon mal ein Bildchen gemalt.“

K.S.

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