Belohnung für Kapitalabfluß

 ■ Mit der Kapitalflucht auf Du und Du

Die deutschen Geldkapitalanleger zieht es ins Ausland. Die von der Deutschen Bundesbank in Frankfurt veröffentlichten neuesten Daten zum Kapitalexport belegen die alte Einsicht, daß das Kapital weder katholisch noch protestantisch noch gar christ-demokratisch, sondern schlichtweg international ist. Im Mai betrug der langfristige Kapitalexport - Zu- und Abflüsse saldiert - 8,8 Mrd. DM. Allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres sind netto 39 Mrd. DM langfristigen Kapitals aus der Bundesrepublik abgeflossen.

Mit Inkrafttreten der Steuerreform 1990 dürfte sich diese Tendenz noch verstärken. Da insbesondere Bezieher höherer Einkommen von den Steuererleichterungen profitieren und diese Klientel eine sogenannte „hohe Sparneigung“ aufweist, wird das Potential an anlagesuchendem Geldkapital weiter zunehmen. So gesehen ist die Steuerreform nichts anderes als eine staatliche Subvention für Geldvermögensbesitzer. Die Quellensteuer ist dabei der Knüppel für besonders Vaterlandstreue, den hochgradig liberalen Kapitalverkehr mit dem Ausland auch zu nutzen.

Bevorzugte Kaufobjekte sind ausländische Wertpapiere und Fremdwährungsanleihen. Insgesamt 7,3 Mrd. DM wurden im Mai in Wertpapieren angelegt, davon allein 4,7 Mrd. DM in Fremdwährungsanleihen. In Erwartung steigender Devisenkurse versprechen sich die Käufer neben den hohen Zinseinnahmen dieser Titel vor allem Aufwertungsgewinne. Im Unterschied zu inländischen Geldkapitalanlagen können die auf ausländischen Märkten erzielten Gewinne steuerlich nicht erfaßt werden. Ein Zubrot in Milliardenhöhe, das von den Vermögensbesitzern nicht verschmäht wird.

Kurt Zausel