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WAA: Wieder Alles Abgebügelt

Hektische Fortsetzung des WAA-Erörterungstermins vor über 1.000 EinwenderInnen / Karl Friedrich von Weizsäcker will sich zu Kriegseinwirkungen auf die WAA äußern / Republik Österreich gegen Freistaat Bayern / „Goldene Regeln“ des TÜV landen vor Gericht  ■  Von Gerd Rosenkranz

Neunburg vorm Wald (taz) - Als ihm mitten in seinen Redebeitrag ein Zettel mit der Mitteilung zugeschoben wird, daß die Hauptverbindungsstraße zwischen Amberg, Schwandorf und Neunburg vorm Wald seit den Morgenstunden wegen Bauarbeiten gesperrt ist, platzt Professor Dr.Dr.h.c. Armin Weiss endgültig der Kragen: „Dieses Land Bayern unterscheidet sich von einer Bananenrepublik nur dadurch, daß hier keine Bananen wachsen“, schimpft der schlohweiße Landtagsabgeordnete der Grünen Richtung Podium. Wenn auch die Straßensperrung vermutlich nichts mit dem WAA -Erörterungstermin zu tun habe, passe die Nachricht doch genau zu der Art und Weise, wie das Bayerische Umweltministerium glaube, die Erörterung der aufwendigsten Atomanlage in der Geschichte der BRD durchziehen zu können.

Am Mittwoch morgen hatten sich nach der Unterbrechung vom Vortag immerhin noch deutlich über 1.000 EinwenderInnen in der Stadthalle zum zweiten Erörterungstag eingefunden und der Crew aus dem Umweltministerium einen kaum weniger lautstarken Empfang bereitet als am Montag. Erwartungsgemäß ließ der Amtschef des Bayerischen Umweltministeriums, Ministerialdirektor Buchner, von seinem Amtssitz in München aus sämtliche am ersten Verhandlungstag gestellten Befangenheitsanträge gegen Verhandlungsleiter Rudolf Mauker, die Beamten auf dem Podium sowie die gesamte Genehmigungsbehörde abbügeln. Als WAA-Gegner daraufhin sofort das Wort verlangten, kam es noch einmal zu einem kurzen Gerangel mit den in der Halle plazierten privaten Wachmannschaften.

Am Nachmittag erledigte zunächst der Staatsanwalt im österreichischen Justizministerium, Wiesbauer, alle Zweifel an der internationalen Dimension der Auseinandersetzung um die WAA. Unter dem Jubel der ZuhörerInnen erklärte der Abgesandte der östereichischen Regierung, daß die Einwendungen des Wiener Umweltministeriums „namens der Republik Österreich abgegeben worden sind“.

Während der abwechselnd von Jubel und Mißfallenskundgebungen unterbrochenen Verhandlung zerlegten die Einwender am Fortsetzung auf Seite 2

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Nachmittag die gegen ihre Befangenheitsanträge vorgebrachten Argumente der Genehmigungsbehörde. Dabei ging es zunächst um den Vorwurf, die DWK habe ohne atomrechtliche Genehmigung bereits im vergangenen Jahr zwei Baugruben für das Hauptprozeßgebäude der WAA ausgehoben. Versammlungsleiter Mauker hatte am Montag schriftlich dargelegt, auf dem Gelände gebe es zwei „Erdentnahmestellen, die in ihren Abmessungen nicht mit den Maßen der Baugrube für das Hauptprozeßgebäude identisch sind“. Genau das Gegenteil hatte jedoch Weiß bereits vor Monaten in seinem Einwendungsschreiben nachgewiesen. Mauker brach die Diskussion schließlich ab. Nachdem auch der Antrag des Münchner Anwalts Christian Sailer, den TÜV Bayern wegen der bekanntgewordenen „Goldenen Regeln“ (s. taz vom Dienstag) aus dem WAA-Verfahren als Gutachter auszuschließen abgelehnt wurde, muß sich nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit den Vorwürfen befassen. Sailer stellte noch am Mittwoch einen entsprechenden Antrag auf einstweilige Anordnung.

Mauker hatte erklärt, das Gesprächsprotokoll sei vom „Gesprächsleiter des TÜV Bayern selbst mißbilligt und deshalb nicht unterschrieben“ worden. Rechtsanwalt Sailer wollte daraufhin die Namen der Beamten genannt haben, die an der internen Prüfung des Vorgangs beteiligt waren. Nach telefonischer Rückfrage im Münchner Umweltministerium erklärte Mauker, der Vorgang sei nicht Gegenstand des Erörterungstermins. Sailer will nun eine Dienstaufsichtbeschwerde stellen.

Sailer kündigte einen Auftritt von Professor Carl Friedrich von Weizsäcker im Erörterungsverfahren für Dienstag an.

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