: Prostituierte erneut verhaftet
Berlin (taz) - Wieder einmal Tatort Bayern: Eine Woche nach ihrer Haftentlassung ist in München die Prostituierte Sonja S. erneut festgenommen worden. Ein verdeckter Fahnder der Münchner Polizei bot der HIV-positiven Frau 200 Mark für den ungeschützten Geschlechtsverkehr an und nahm sie nach ihrer Zusage fest.
Die 24jährige war bereits im Mai letzten Jahres zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Trotz ihrer HIV-Infektion und einem Berufsverbot war sie der Prostitution nachgegangen und soll dabei ihre Freier auch ohne Kondom bedient haben. Zum ersten Mal wurde dabei gerichtlich gegen eine Prostituierte mit dem Vorwurf der „Körperverletzung“ vorgegangen.
Das Münchner Amtsgericht hat letzte Woche einen Haftbefehl gegen Sonja S. wegen Verstoßes gegen das Bundesseuchengesetz und unerlaubter Prostitution erlassen. Das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München lancierte inzwischen in verschiedenen Zeitungen die Meldung: „Männer, die Verkehr mit Sonja S. hatten, sollten sich ärztlich untersuchen lassen.“
Die „Deutsche Aids-Hilfe“ hat das Vorgehen der Münchner Polizei gegen die Prostituierte entschieden kritisiert. Durch die Zeitungsmeldung werde eine von Krankheit und Tod bedrohte Frau werde der Öffentlichkeit vorgeführt, angeblich, um ihre Freier auf eine mögliche HIV-Infektion aufmerksam zu machen. Die Festnahme der Frau und die dadurch entstandene Panikmache zeigten, daß „die wahren Uneinsichtigen in der bayerischen Staatsregierung sitzen, die nicht begreifen wollen, daß Repression kein Mittel der Prävention ist“.
wg
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen