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HÖR-Funken: Biergrottenmusik

■ Die alte Wurlitzer,SFB 3

Biergrottenmusik. Nein, sagt Alfred, von seinem Lottogewinn sei nicht mehr viel übrig. Das meiste auf den Kopf gehauen. Aber bereut hat er es nicht. Und wer kann es sich schon leisten, mit dem Taxi nach Paris zu fahren? Den King beeindruckt das nicht im geringsten. Der arbeitet am Spielautomat. Gewinnen ist sein Beruf. Auch Anni ist da. Total betrunken sucht sie ihre Kunsthaarperücke und schläft dann mit dem Gesicht in der Bierlache auf dem Tisch ein. Vietnam-Paul, Endkämpfer um Berlin und Dien Bien Thu, rückt ein bißchen zur Seite, und hinterm Tresen läßt die dicke Trudi ein neues Bier ein. Immer die gleichen hier, und immer die gleichen Geschichten, die sie Fremden erzählen. Die kommen selten hierher. Regelmäßig wie im Ritual geht einer, der noch was in der Tasche hat, in die Ecke, wo das Bild von der untergehenden Sonne bei Capri hängt und wo es matt und müde hinter blinden Scheiben blinkt, wirft ein paar Münzen in den Schlitz und drückt die Tasten. Die Mechanik der Trommel mit den Schallplatten kreist, wählt und wirft einen Titel auf den Teller. Dann dröhnt es aus der alten Wurlitzer, verlogene Lebensweisheiten aus der Schlagerwelt legen sich gnädig auf die benebelten Gedanken und lassen das Gehirn von einem Ohrwurm zerfressen. Die alte Wurlitzer, 11.30-12.00 Uhr, SFB 3.

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