Koalitionskrach um Paragraph 218

Hessische Frauenbeauftragte unter Beschuß / Antrag im Landtag gegen Fuldaer Landratsamt / Zahlung einer Abtreibung verweigert / FDP-Abgeordnete bezeichnet Fulda als „schwarzes Ärgernis“  ■  Aus Frankfurt Heide Platen

In der hessischen CDU/FDP-Koalition knistert und kriselt es. Zur Disposition steht die Person der hessischen Frauenbeauftragten Otti Geschka.

Anlaß zum Krach war ein dringlicher Antrag, den die Grünen am Freitag in der Aktuellen Stunde des Parlaments gestellt hatten. Der Antrag richtete sich gegen das Fuldaer Landratsamt, das einer Äthiopierin die Zahlung einer Abtreibung verweigert hatte.

Er richtete sich auch gegen die CDU-nahe „Aktion Leben“, die die Frau bis ins Krankenhaus verfolgt und sie bedrängt hatte, das Kind auszutragen (die taz berichtete). Auch gestern schwelte der Krach weiter.

Heute wird er in den Sondersitzungen des sozialpolitischen und des Frauenausschusses verhandelt werden. Nachdem die FDP -Abgeordnete Babel Fulda als „schwarzes Ärgernis“ in Hessen bezeichnet hatte, mußte auf Antrag der Grünen auch die Frauenbeauftragte Geschka (CDU) Stellung nehmen. Auch sie wandte sich gegen die Fuldaer Methoden. Das schürte den Zorn gegen sie in den eigenen Reihen. CDU-Abgeordneter Rösler verließ den Saal und - bisher einmalig in der Geschichte des Landtags - knallte die Tür heftig hinter sich zu. Ein anderer Parteikollege forderte lauthals den Kopf der Frauenbeauftragten.

Mittlerweile hat sich auch der Fuldaer Bischof eingemischt. Johannes Dyba wetterte am Wochenende von der Kanzel, Fulda sei „schon den Nationalsozialisten ein schwarzes Ärgernis“ gewesen.

Es werde auch „der gottlosen und kindermörderischen Generation von heute“ ein schwarzes Ärgernis bleiben, die Kinder „in Plastikeimern zur Müllverbrennungsanlage“ schaffe. „Wenn wir fest zusammenstehen, dann wird Fulda als Trutzburg des Glaubens nicht von der Landkarte verschwinden. Dazu ist zu viel Märtyrerblut geflossen.“

Ein Mitglied der Aktion Leben, Karin Hermes, rechtfertigte ihr Vorgehen inzwischen damit, daß Frauen in der ersten Zeit der Schwangerschaft nicht ganz zurechnungsfähig seien. Sie trieben aus ihnen später selbst nicht mehr erklärlichen Ängsten ab.