piwik no script img

Ein Mythos verfliegt

Zur alliierten Entscheidung gegen Billig-Flüge  ■ K O M M E N T A R

Es ist das Ende eines Mythos: daß die Alliierten in West -Berlin bloße „Schutzmächte“ seien, gütig und weise. Die Legende, die Amerikaner und Engländer mit der „Luftbrücke“ gezielt aufbauten, die zerstören sie jetzt im Streit um das „Luftkreuz“. Folgt man den Argumenten der alliierten Statthalter, dann ging es jetzt darum, einen „ruinösen Wettbewerb“ zu verhindern. Doch wäre das wirklich das Ziel, dann hätten die Attaches schon vor Wochen anders entscheiden müssen und keine derart maßlose Ausweitung des Flugverkehrs genehmigen dürfen. Aber es ging stets um etwas anderes: zunächst mußte jeder der drei Attaches seinen Flug -Gesellschaften ein Stück vom Kuchen zuteilen - jetzt wurde dafür gesorgt, daß nicht die einen den anderen das Stück vom Teller schnappen. Bemerkenswerterweise war es die CDU - an billigen Flügen interessiert - die dies nun anprangerte. Ausgerechnet die AL lobte die Alliierten und jubelte über Diepgens „Absturz“.

Umweltschutz und Billig-Flüge sind unvereinbare Ziele, zweifellos. Aber weder das eine, noch das andere interessiert in Washington, Paris und London: dort, wo die Entscheidungen fallen. Die SPD hat zwar recht, wenn sie dem Senat „Konzeptlosigkeit“ vorwirft. Dem Senat jedoch „Ohnmacht“ vorzuhalten und diese dann seinem schlechtem Verhältnis zu den „Schutzmächten“ zuzuschreiben, das kehrt Ursache und Wirkung geradewegs um. Daß die alliierten Herren über den Berliner Luftraum auf die Berliner Wünsche und Interessen überhaupt keine Rücksicht zu nehmen brauchen, das ist das Skandalöse an den alliierten Entscheidungen zum Luftverkehr. Mit ihrer Kritik an der alliierten Eigenmacht ist da die CDU momentan eher auf der Höhe der Zeit als SPD und AL.

Hans-Martin Tillack

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen