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Geschäfte im Golf

Ob Krieg oder Frieden - Geschäfte werden gemacht  ■ G A S T K O M M E N T A R E

Sieben Jahre lang schürten alle miteinander das Kriegsfeuer. 53 Länder aus Ost und West schickten Waffen in das Kriegsgebiet, darunter 28 Länder gleichzeitig an beide Kriegsgegner. 950 Milliarden Mark, die Sachschäden nicht mitgerechnet, mußten Iraner und Iraker ausgeben, damit ihre Länder mit modernen Waffen in Schutt und Asche gelegt werden. Mit diesem Geld hätte man beide Länder in ein Paradies verwandeln können. Sieben Jahre lang wurde über diesen Krieg nicht geschrieben, kaum jemand redete über die Millionen Toten, Verletzten, Verstümmelten, Vertriebenen. Solange der Krieg sich im Zaum halten ließ, den Transport von Waren, Waffen und Öl nichts beeinträchtigte, schienen allen Außenstehenden die Folgen des Krieges unerheblich. Erst als der Krieg sich auf den Golf ausbreitete, wurde zum Frieden geladen. Die Hauptwaffenlieferanten setzten sich mit unschuldigen Minen im Weltsicherheitsrat zusammen und forderten sofortigen Waffenstillstand. Und dann, was geschah dann? Statt die Waffenlieferungen zu stoppen, schickten sie eine ganze Armada in den Golf. Flugzeugträger, Zerstörer, Kreuzer, mit Raketen bestückte Fregatten, Hubschrauberträger sollten den Frieden sichern. Das letztes Ergebnis dieser „Friedensbemühungen“ war der Tod von 290 Menschen beim Abschuß des iranischen Airbusses

Nun sind Iran und Irak ausgeblutet. Sie sind am Ende ihrer Kräfte, müssen Frieden schließen. Für die Außenstehenden beginnt damit ein nicht minder lukratives Geschäft. Die Ruinen müssen beseitigt, neue Industrieanlagen, Häfen, Flughäfen, Straßen, Wohnhäuser gebaut werden. Da werden wieder die Bekenntnisse zu Menschenrechten und Menschenwürde laut. Banken, Investoren, Unternehmer, Fachleute, Berater und Entwicklungshelfer werden mit aufgekrempelten Hemdsärmeln Schlange stehen, um den armen kriegsgeschädigten Völkern zu helfen. Wir Iraner und Iraker können aufatmen, daß das sinnlose Morden endlich zu Ende ist. Doch ob Krieg oder Frieden, die Zeche müssen wir zahlen.

Bahman Nirumand, iranischer Schriftsteller

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