: Polizei und Staatsanwalt - eine Bombentruppe
■ Politische Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen gegen Polizisten ein, die einem Demonstranten Steine „untergeschoben“ haben sollen
Die politische Staatsanwaltschaft hat einmal mehr bestätigt, eine parteiische Ermittlungsbehörde zu sein: gestern wurde bekannt, daß das spektakuläre Ermittlungsverfahren gegen zwei Polizeibeamte, die einem Studenten im Zusammenhang mit den Kreuzberger Krawallen vom 17. Mai 1987 zwei Steine als angebliches Beweismittel untergeschoben sowie diesen geschlagen und getreten haben sollen, vor einem Monat eingestellt wurde. Dabei waren die beiden Beamten des verstärkten Sondereinsatzkommandos (VSEK) nicht nur von dem Studenten bezichtigt worden, sondern auch von einem ihrer Kollegen. Die Einstellung des Verfahrens wurde von einem Justizsprecher mit erheblichen Zweifeln der Staatsanwaltschaft an der „Glaubwürdigkeit und Erinnungsfähigkeit“ der Belastungszeugen begründet. Zudem seien die beschuldigten Polizisten von einem weiteren Kollegen entlastet worden.
Wie berichtet, hatte die Staatsanwaltschaft gegen den seinerzeit wegen angeblicher Steinwürfe festgenommenen Studenten auf Grund der Aussage der Polizisten Manfred S. und Michael M. Anklage wegen schweren Widerstands erhoben. Der Student hatte die Vorwürfe bestritten und ausgesagt, die Steine seien ihm von unbekannten Beamten untergeschoben worden. Die Staatsanwaltschaft eröffnete daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen die an der Festnahme beteiligten Beamten M. und S., stellte es jedoch bald wieder ein. Im August 1987 wurde ein neues Ermittlungsverfahren gegen M. und S. eröffnet, weil sich ihr Kollege Sch. als Zeuge gemeldet hatte. Jener sagte unter Eid aus, daß bei der Durchsuchung des Studenten mit hundertprozentiger Sicherheit keine Steine gefunden worden seien. Erst danach habe einer der an der Durchsuchung beteiligten Beamten M. und S. plötzlich zwei Steine in der Hand gehabt und ausgerufen: „Was haben wir denn da?“. Zuvor, so der Zeuge, sei der Student im Polizeifahrzeug von M. und S. auch geschlagen und getreten worden.
Der Zeuge Sch. wurde von der Staatsanwaltschaft trotz seiner Aussage unter Eid als unglaubwürdig abgetan, weil er nicht plausibel machen konnte, woher die Steine gekommen waren. Umso glaubwürdiger wurde dafür ein weiterer Kollege von M. und S., der Beamte G., befunden. Der tauchte erst im Laufe des Verfahrens als Zeuge auf und erklärte, derjenige gewesen zu sein, der den Studenten durchsucht und dabei die Steine gefunden habe. Auf die Frage nach seinem Verhältnis zu seinen Kollegen hatte G. damals ausgesagt: „Wir sind eigentlich einen Bombentruppe. Das heißt, daß sich jeder auf die anderen Kollegen verlassen kann. Jedoch muß ich den Kollegen Sch. aus dieser Beurteilung herausnehmen.“ Nach Informationen der taz sind M. und S. und G. inzwischen bei der EbLT gelandet.
Der Anwalt des Studenten, Grönheit, hat inzwischen Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß eingelegt. Der Beschluß, so Grönheit, sei ein „Freibrief“ für Polizisten bei Demonstrationseinsätzen.
plu
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